Westdeutsche Blindenhörbücherei

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Die Westdeutsche Blindenhörbücherei e. V. (WBH) ist eine Spezialbücherei, die Blinden und Sehbehinderten Literatur auf Tonträgern zugänglich macht. Sie ist 1955 in Münster als eingetragener Verein gegründet worden. Die Hörbücherei ist die größte ihrer Art im deutschen Sprachraum.

Angebot

Für blinde und hochgradig sehbehinderte Personen bietet die Hörbücherei nach einfacher Anmeldung Hörbücher aus einem Bestand von zur Zeit ca. 22.000 Titeln in 85.000 Kopien über den Postversand zur Ausleihe an. Ausleihe und Versand der Titel sind kostenlos. Einige Hörzeitschriften (DIE ZEIT, Reader’s Digest, Diabetes-Journal) runden das Angebot ab. Die Hörbücherei produziert die Hörbücher mit professionellen Sprecherinnen und Sprechern in digitaler Aufnahmetechnik in hauseigenen Tonstudios. Sie verschickt inzwischen jährlich über 380.000 Versandeinheiten an knapp 9.000 Menschen, hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz und im Saarland, aber auch an Hörerinnen und Hörer, die in anderen Bundesländern und sogar im Ausland wohnen. Mit ihren Produktionen und ihrem Versandservice ermöglicht die WBH den Zugang zur Literatur und gedruckten Information für Blinde und hochgradig Sehbehinderte, der ansonsten für diesen Personenkreis nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich wäre, vom Grundgesetz aber theoretisch garantiert ist (GG Art. 5 und 3).

Organisation

Mit Hilfe der Blindenverbände und der Hauptfürsorgestelle des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, aber vor allem durch die Initiative von Dr. Hans Thiekötter, dem damaligen Direktor der Stadtbücherei Münster, wurde 1955 der Verein "Blindenhörbücherei des Landes Nordrhein-Westfalen" gegründet. Durch eine effiziente Organisation, den Idealismus und das Engagement der Leiter und Mitarbeiter der WBH und die finanzielle Unterstützung der Hörerinnen und Hörer in den nachfolgenden Jahrzehnten konnte sich die WBH entwickeln und den Zugang zur Literatur und gedruckten Information für Menschen, denen ein visueller Zugang verwehrt ist, verwirklichen. Als Organisation der Blindenselbsthilfe steht die WBH in dieser Form mit ihrer Leistung in der Verantwortung der Blindenverbände NRW, Rheinland-Pfalz und Saarland. Von den Regierungen der genannten Länder erhält sie einen finanziellen Zuschuss, der aber nur einen Teil der notwendigen Ressourcen bildet. Über die Hälfte der jährlich notwendigen Einnahmen stammt aus der Blindenhörbücherei-Stiftung, die die freiwilligen Spenden der Hörer verwaltet. Die WBH ist Mitglied im Verein der Mediengemeinschaft blinder und sehbehinderter Menschen (Medibus e.V.) und arbeitet in Absprache mit den anderen deutschsprachigen Hörbüchereien, die ebenso Medibus-Mitglieder sind. In Übereinstimmung mit dem Deutschen Urheberrechtsgesetz können die Blindenhörbüchereien unter bestimmten Bedingungen, die durch eine Übereinkunft mit der VG-Wort geregelt sind, Verlagsproduktionen als Hörbücher vertonen, kopieren und an den Kreis der Blinden und hochgradig Sehbehinderten ausleihen. Durch Kooperation und gegenseitigen Produktionenaustausch mit den anderen Blindenhörbüchereien werden Doppelaufsprachen vermieden und die Hörerinnen und Hörer können relativ schnell in den Genuss eines breiten Titelangebotes aus den aktuellen Verlagsproduktionen kommen. Ca. ein Drittel der jährlich erscheinenden deutschsprachigen Blindenhörbücher wird in den Studios der Münsteraner Blindenhörbücherei produziert. Der Mitarbeiterstamm der WBH besteht aus ca. 25 – 30 freiberuflichen Sprecherinnen und Sprechern und wenigen hauptamtlichen Mitarbeitern, die die Ausleihverwaltung gewährleisten.

Technische Aspekte

Von 1955 bis ca. 1970 wurden die Hörbücher auf Offenspultonbändern produziert und ausgeliehen. Mit der Einführung der Audiokompaktkassette in den 70er Jahren und vor allem mit der Einführung einer EDV-unterstützten Ausleihe (mit eigenen Programmen) zu Beginn der 80er Jahre konnte die tägliche Ausleihe wesentlich gesteigert werden. Alle Hörbücher sind in mehreren Kopien vorhanden. Ein Teil der Hörbücher wird heute noch auf Audiokassetten ausgeliehen, seit 2002 werden die neuen Titel aber ausschließlich mit digitaler Technik produziert, was die Ausleihe und den Versand wesentlich erleichtert. Die Blindenhörbüchereien sind hier technische Vorreiter: Die immer vollständig aufgesprochenen Hörbücher werden mit einer spezifischen Software direkt am PC aufgelesen und auf Basis der Datenkompressionstechnik MP3 auf einer CD-Rom für den Hörer gespeichert und ausgeliehen. Diese sog. Daisy-CDs (Digital Accessible Information System) können mit einem speziellen Abspielgerät bzw. einem guten MP3-Player nach Buchabschnitten navigierbar in höchster technischer Qualität abgespielt werden.

Der Service

Den bequemen Service der WBH können von zu Hause aus alle Personen in Anspruch nehmen, die hochgradig sehbehindert oder blind sind und dies bei der Anmeldung entsprechend (Attest, Kopie des Behindertenausweises etc.) nachgewiesen haben. Auch die Ausleihe an Personen, die auf Grund einer Krankheit oder Behinderung kein Buch handhaben können, ist möglich. Nach Anmeldung und Erhalt von Katalogen in der gewünschten Form, können die Hörerinnen und Hörer ihre Titelauswahl treffen und diese per Post, E-Mail oder Fax an die WBH senden. Die Belieferung erfolgt dann im vereinbarten Rhythmus per Post in briefkastengerechten Boxen. Die Rücksendung ist denkbar einfach und als kostenlose Blindensendung vom nächsten Briefkasten möglich. Neuerdings können die Hörer im Online-Zentralkatalog nach aktuellen Neuproduktionen aller deutschprachigen Blindenhörbüchereien suchen und Titel, die nicht in Münster erhältlich sind, per Fernausleihe bestellen.

Literatur

  • Lesen fürs Hören in Münster : 50 Jahre Westdeutsche Blindenhörbücherei e. V. 1955 - 2005; Münster : Westdeutsche Blindenhörbücherei 2005

Weblinks