Friedrich Arnold Steinmann: Unterschied zwischen den Versionen

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„''Steinmann’s Eigenart spricht sich am deutlichsten in seinen halb social- und culturhistorischen, halb humoristisch-satirischen Beiträgen zur Beurtheilung zeitgenössischer preußischer Verhältnisse aus.''“ <sup> [Anm.1]</sup> Dazu zählen seine ''Briefe aus Berlin''  und ''Berliner Schwärmer, Raketen und Leuchtkugeln'' (beide von 1832). Weitere Beiträge veröffentlichte er im ''Mefistofeles'' (''Revue der deutschen Gegenwart in Skizzen und Umrissen'', 1842–44); ebenso zahlreiche Glossen, satirische Skizzen und launig-ironische Beiträge; z.B. ''Caricaturen und Silhouetten des 19. Jahrhunderts'' (1843).
 
„''Steinmann’s Eigenart spricht sich am deutlichsten in seinen halb social- und culturhistorischen, halb humoristisch-satirischen Beiträgen zur Beurtheilung zeitgenössischer preußischer Verhältnisse aus.''“ <sup> [Anm.1]</sup> Dazu zählen seine ''Briefe aus Berlin''  und ''Berliner Schwärmer, Raketen und Leuchtkugeln'' (beide von 1832). Weitere Beiträge veröffentlichte er im ''Mefistofeles'' (''Revue der deutschen Gegenwart in Skizzen und Umrissen'', 1842–44); ebenso zahlreiche Glossen, satirische Skizzen und launig-ironische Beiträge; z.B. ''Caricaturen und Silhouetten des 19. Jahrhunderts'' (1843).
  
1837 setzte Steinmann sich auch mit dem [[Kölner Kirchenstreit]] und seinem Protagonisten [[Clemens August Droste zu Vischering | Droste zu Vischering]] auseinander: ''Der Erzbischof von Köln Clemens August Freiherr von Droste zu Vischering, seine Principien und Opposition:
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1837 setzte Steinmann sich auch mit dem [[Kölner Kirchenstreit]] und seinem Protagonisten [[Clemens August Droste zu Vischering | Droste zu Vischering]] auseinander: ''Der Erzbischof von Köln Clemens August Freiherr von Droste zu Vischering, seine Principien und Opposition: Nach u. m. authentischen Actenstücken u. schriftlichen Beilagen dargestellt''
Nach u. m. authentischen Actenstücken u. schriftlichen Beilagen dargestellt''
 
  
 
Nach seiner Entlassung aus dem Staatsdienst war er fast ausschließlich als Schriftsteller, Organisator des münsterischen Literaturbetriebs und Herausgeber tätig. Insbesondere beschäftigte er sich mit seinem Schulfreund Heinrich Heine, dessen apokryphe (nachgelassene) Dichtungen und Briefe er herausgab. Darunter dürften sich zahlreiche Fälschungen befunden haben.
 
Nach seiner Entlassung aus dem Staatsdienst war er fast ausschließlich als Schriftsteller, Organisator des münsterischen Literaturbetriebs und Herausgeber tätig. Insbesondere beschäftigte er sich mit seinem Schulfreund Heinrich Heine, dessen apokryphe (nachgelassene) Dichtungen und Briefe er herausgab. Darunter dürften sich zahlreiche Fälschungen befunden haben.
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Steinmann lebt schließlich sehr zurückgezogen in Münster. Dort starb er, fast vergessen, am 9. Februar 1875.
 
Steinmann lebt schließlich sehr zurückgezogen in Münster. Dort starb er, fast vergessen, am 9. Februar 1875.
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==Steinmann und Heine==
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Undurchsichtig sind Steinmann editorische Aktivitäten um ungedruckte, nachgelassene bzw. vermeintlich verschollene Werke seines Schulfreundes Heinrich Heine. Offenkundig hat er seine Sammlungen und Heine-Veröffentlichungen zunächst dem Originalverleger des Dichters, Julius Campe in Hamburg, vergeblich angeboten. Darauf erschien Steinmanns biographisches Werk bei Kober in Prag als „''Heinrich Heine. Denkwürdigkeiten und Erlebnisse aus meinem Zusammenleben mit ihm. Mit dem Porträt und zwei Autographen Heine’s''“ (1857). Neben vielen richtigen Angaben enthält es wohl auch zahlreiche haltlose Details und Erfindungen über die Jugendjahre des Dichters.
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Angesichts der Rechte von Hoffmann und Campe Druck suchte sich Steinmann für vermeintlich nachgelassene Manuskripte Heines Verlage im Auslande. In den Jahren 1857–1862 gab er in Amsterdam und Rotterdam nacheinander heraus: „''Dichtungen von Heinrich Heine''“ (4 Bde.); „''Berliner Herbstmährchen in 27 Capiteln von Heinrich Heine''“; „Briefe von Heinrich Heine“ (2 Bde.). Heines Familie, die die Drucklegung dieser Bücher vergeblich versucht hatte zu verhindern, zeigte sich empört. Die literarische Fachwelt hatte erhebliche Zweifel an der Authentizität von Steinmanns Veröffentlichungen. Biograph Fränkel schrieb 1893 dazu:
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„So viel steht fest, daß St. wesentlich eine Anzahl plumper und ungeschickter Verse eigener Mache nach Heine’s Tode als Erzeugnisse dieses Dichters in unsere Litteratur einzuschmuggeln versucht hat. Es war für Gustav Heine, Heinrich’s Bruder, ein leichtes Stück, den durchsichtigen Schwindel trotz der bodenlosen Unverfrorenheit, in der St. beharrte, zu entlarven oder besser nachzuweisen. St. benahm sich in diesem ganzen Handel geradezu erbärmlich, wie ein litterarischer Gauner schlimmster Sorte.“ <sup> [Anm.3]</sup>

Version vom 7. August 2013, 10:53 Uhr

Friedrich Arnold Steinmann (*7. August 1801 in Kleve; 9. Februar 1875 in Münster) war Jurist und Schriftsteller. Wie sein Freund Friedrich Raßmann (1772–1831) war er ein umtriebiger Organisator des damaligen literarischen Lebens in Münster. Der Nachwelt ist er vor allem wegen seiner Heine-Fälschungen bekannt.

Ausbildung und Beruf

Friedrich Arnold Steinmann wurde als Sohn eines Regierungsregistrators in Kleve geboren. Wie zahlreiche andere Beamtenfamilien (siehe Heinrich Carl Berghaus) siedelten auch die Steinmanns im Jahr 1803 in das – inzwischen – preußische Münster über. Friedrich Steinmann besuchte zunächst das Gymnasium in Münster, später in Düsseldorf – wo er ein Mitschüler von Heinrich Heine war, bevor er 1819 seine Gymnasialausbildung in Münster abschloss. An der Akademie Münster (bis Oktober 1818 noch Universität Münster) hörte er philosophische Vorlesungen. Von 1819 bis 1821 ging er zum Jurastudium nach Bonn; dort belegte er auch Vorlesungen in Geschichte und Literaturwissenschaft. 1822 setzte er sein Studium in Heidelberg fort. In dieser Zeit stand er zeitweilig im Briefwechsel mit Heine. 1822 kehrte er nach Münster zurück und begann dort die praktische juristische Ausbildung. Seit 1825 war er Auscultator (Rechtsreferendar), seit 1827 Sekretär am Oberlandesgericht in Münster. Wegen eines kritischen Aufsatzes in der Zeitschrift Mefistofeles ist er von November 1845 bis März 1846 Festungshaft in Münster. 1854 wurde er aufgrund seiner Veröffentlichung über die Geschichte der Revolution in Preußen (1849) unehrenhaft und unter Halbierung seiner Pensionsbezüge aus dem Staatsdienst entlassen. Einer weiteren Haftstrafe, diesmal wegen scharfer Angriffe gegen den Verleger Georg von Cotta, entging Steinmann nachdem er Berufung eingelegt hatte und einen Straferlass gegen Leistung einer Geldbuße von 100 Talern erreichte.

Literarisches Schaffen und Wirken

Steinmann, der sich schon früh für Literatur interessierte, war Mitglied des 1824 gegründeten Münsterer Literaturzirkels Die Haimonskinder, dem u.a. Benedikt Waldeck und Christoph Bernhard Schlüter angehörten. 1925 veröffentlichte er bei Coppenrath Münsterische Geschichten, Sagen und Legenden: nebst einem Anhange von Volksliedern und Sprüchwörtern, die er den Bürgern der Stadt Münster widmete. Seit den 1830er Jahren publizierte er vermehrt zeitkritische, oft satirische Beiträge.

Steinmann’s Eigenart spricht sich am deutlichsten in seinen halb social- und culturhistorischen, halb humoristisch-satirischen Beiträgen zur Beurtheilung zeitgenössischer preußischer Verhältnisse aus. [Anm.1] Dazu zählen seine Briefe aus Berlin und Berliner Schwärmer, Raketen und Leuchtkugeln (beide von 1832). Weitere Beiträge veröffentlichte er im Mefistofeles (Revue der deutschen Gegenwart in Skizzen und Umrissen, 1842–44); ebenso zahlreiche Glossen, satirische Skizzen und launig-ironische Beiträge; z.B. Caricaturen und Silhouetten des 19. Jahrhunderts (1843).

1837 setzte Steinmann sich auch mit dem Kölner Kirchenstreit und seinem Protagonisten Droste zu Vischering auseinander: Der Erzbischof von Köln Clemens August Freiherr von Droste zu Vischering, seine Principien und Opposition: Nach u. m. authentischen Actenstücken u. schriftlichen Beilagen dargestellt

Nach seiner Entlassung aus dem Staatsdienst war er fast ausschließlich als Schriftsteller, Organisator des münsterischen Literaturbetriebs und Herausgeber tätig. Insbesondere beschäftigte er sich mit seinem Schulfreund Heinrich Heine, dessen apokryphe (nachgelassene) Dichtungen und Briefe er herausgab. Darunter dürften sich zahlreiche Fälschungen befunden haben.

Daneben publizierte er zahlreiche literarische Sammlungen (Musenalmanch, Litterarische Monatsschrift) sowie einige belletristische Werke und Dramen. Sein Biograph Ludwig Fränkel, beurteilt letzteres wenig gnädig: „Für eigene künstlerische Gestaltung schönwissenschaftlicher Vorwürfe oder deren sachliche und ästhetische Kritik fehlten St. die Anlagen. Er besaß dagegen eine ergiebige publicistische Ader, die bisweilen auch für eine allerdings in der Regel klotzige Polemik ausreichte, ein wohl seiner Verbitterung über persönliche Zurücksetzung entsprungenes Gewächs. [Anm.2]

Steinmann lebt schließlich sehr zurückgezogen in Münster. Dort starb er, fast vergessen, am 9. Februar 1875.

Steinmann und Heine

Undurchsichtig sind Steinmann editorische Aktivitäten um ungedruckte, nachgelassene bzw. vermeintlich verschollene Werke seines Schulfreundes Heinrich Heine. Offenkundig hat er seine Sammlungen und Heine-Veröffentlichungen zunächst dem Originalverleger des Dichters, Julius Campe in Hamburg, vergeblich angeboten. Darauf erschien Steinmanns biographisches Werk bei Kober in Prag als „Heinrich Heine. Denkwürdigkeiten und Erlebnisse aus meinem Zusammenleben mit ihm. Mit dem Porträt und zwei Autographen Heine’s“ (1857). Neben vielen richtigen Angaben enthält es wohl auch zahlreiche haltlose Details und Erfindungen über die Jugendjahre des Dichters.

Angesichts der Rechte von Hoffmann und Campe Druck suchte sich Steinmann für vermeintlich nachgelassene Manuskripte Heines Verlage im Auslande. In den Jahren 1857–1862 gab er in Amsterdam und Rotterdam nacheinander heraus: „Dichtungen von Heinrich Heine“ (4 Bde.); „Berliner Herbstmährchen in 27 Capiteln von Heinrich Heine“; „Briefe von Heinrich Heine“ (2 Bde.). Heines Familie, die die Drucklegung dieser Bücher vergeblich versucht hatte zu verhindern, zeigte sich empört. Die literarische Fachwelt hatte erhebliche Zweifel an der Authentizität von Steinmanns Veröffentlichungen. Biograph Fränkel schrieb 1893 dazu:

„So viel steht fest, daß St. wesentlich eine Anzahl plumper und ungeschickter Verse eigener Mache nach Heine’s Tode als Erzeugnisse dieses Dichters in unsere Litteratur einzuschmuggeln versucht hat. Es war für Gustav Heine, Heinrich’s Bruder, ein leichtes Stück, den durchsichtigen Schwindel trotz der bodenlosen Unverfrorenheit, in der St. beharrte, zu entlarven oder besser nachzuweisen. St. benahm sich in diesem ganzen Handel geradezu erbärmlich, wie ein litterarischer Gauner schlimmster Sorte.“ [Anm.3]