St.-Lamberti-Kirche: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 29. Oktober 2017, 18:24 Uhr
St. Lamberti ist neben dem Dom eine der größten Kirchen in Münster. Der erste Bau der Kirche entstand im 10. Jahrhundert vor dem Nordosttor der alten Domburg. Dort errichteten sich die angesiedelten Kaufleute eine eigene Kapelle. Die heutige Lambertikirche hat vier Vorgängerbauten und ist eine überwiegend spätgotische Hallenkirche des 14. und 15. Jahrhunderts, begonnen 1375. Hier predigte kurz vor der Zeit der Täufer der reformatorische Prediger Bernhard Rothmann.
Inhaltsverzeichnis
Turm
Gemeinhin „Lambertiturm“ genannt, behielt er bis in das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts einen romanischen Unterteil und einen spätgotischen oberen Drittel. Erst ab 1881 riss man den Turm ab und erbaute ihn in seiner heutigen, neugotischen Form mit einer Höhe von 90,5 Metern neu. Oben an den Turm hängte man nach ihrer Hinrichtung 1536 zur Abschreckung drei Anführer der Täufer in eisernen Körben auf. Die originalen Körbe sind auch heute noch am Turm befestigt; Repliken befinden sich im Stadtmuseum. Mit dem neugotischen Turm entstand das Westportal.
Am 20. März 1945 zerstörte eine Bombe einen der Pfeiler des achteckigen Turmoberteils, doch der Turm blieb stehen. Nach dem Krieg wurde der Pfeiler in hellerem Stein rekonstruiert.
Baugeschichte
Vorgänger
Der bis in die 1880er Jahre existierende mittelalterliche Turm mit den spätgotischen Obergeschossen und dem haubenförmigen Dach, darauf das kleine Laternentürmchen, wurde oft abgebildet und war ein typischer Bestandteil des alten Stadtbildes. Er war etwa 65 Meter hoch.[Anm. 1] An diesen Turm hängte man 1636 die so genannten Wiedertäufer-Käfige.
Die unteren, ältesten Abschnitte (bis Gewölbehöhe) stammten von etwa 1140, die beiden mit LisenenWP verzierten (bis Dachfirsthöhe) von etwa 1270. Sie gehörten noch zu den Vorgängerbauten der heutigen Kirche. Später wurde der Turm noch um die beiden spätgotischen Geschosse erhöht. Die typische TurmhaubeWP oder „welsche Haube“ mit dem Laternentürmchen wurde im 16. Jahrhundert aufgesetzt.
Durch die wiederholten Erhöhungen wurde der Turm oben immer schwerer, schon im 16. Jahrhundert galt er als unsicher. Der Turm neigte sich nach Westen: In dieser Richtung hatte er keine Stütze durch das Kirchenschiff. Es wurde zuletzt auch das Läuten eingeschränkt, wie man den „Lamberti-Thoan“ in einem Lied zur Vollendung des Turmbaus erzählen ließ.[Anm. 2] Sogar in der Familienzeitschrift Die GartenlaubeWP wurde 1882 über den Zustand des Turms, „einer der historisch interessantesten Thürme Deutschlands“, berichtet.[Anm. 5]
Der Neubau des Turmes
Um 1860 regte der damalige Bischof Johann Georg Müller einen Neubau an. Zu Beginn der 1880er Jahre, zur Zeit des KulturkampfesWP zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche, setzten sich vor allem der Stadtdechant und Pfarrer an St. Lamberti Hermann Joseph Kappen und der Architekt Hilger Hertel der Ältere für einen Neubau ein. Viele Münsteraner Bürger wollten dagegen den alten Turm bewahren, auch die Wiederaufhängung der Täufer-Käfige wurde in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Unter mehreren Vorschlägen wurde der Entwurf Hilger Hertels ausgewählt. Er sah einen neugotischen, fast 100 Meter hohen Turm nach dem Vorbild des Freiburger MünstersWP vor.
Stadtdechant Kappen reiste zu dem dem seinerzeit in Viviers (Frankreich) im Exil lebenden Bischof Johannes Bernhard Brinkmann, um dessen Zustimmung zu den Entwürfen Hilger Hertels einzuholen. Zusammen mit der Kirchengemeinde St. Lamberti setzten sie gegen die Bedenken der preußischen Behörden aus Gründen des Denkmalschutzes und der Verkehrssicherheit Abriss und Neubau durch. Durch großzügige Spenden der Kirchengemeinde und eine Turmbaulotterie brachten die Münsteraner das Geld für den Turmneubau auf.
Ein Sturm am 15. Oktober 1881 zeigte noch einmal den kritischen baulichen Zustand des Turmes, und so begann man zwei Tage später mit dem Abriss zunächst der beiden oberen Geschosse noch innerhalb des Jahres. Dann wartete man auf die Entscheidung der Regierung in Berlin und sammelte Geld für den Neubau. 1887 trug man den verbliebenen Stumpf ab.[Anm. 2] In dieser Zeit wurde die Brandglocke im Turm der Kirche St. Martini aufgehängt. Den heutigen Turm errichtete man zwischen 1887 und 1890 – 1890 verstarb der Architekt Hilger Hertel – und von 1895 bis 1898, nun von dessen Söhnen Bernhard und Hilger Hertel geplant und geleitet.
Schon am 7. Dezember 1896 erklangen zur Mittagszeit wieder die Glocken von Sankt Lamberti.[Anm. 4] Am 16. August 1898 setzte man den Schlussstein auf die KreuzblumeWP, am 13. Oktober 1898 feierte man mit „Heil dir im Siegerkranz“WP, aber auch dem Lambertuslied und „Wat de aolle Lamberti-Thoan sägg“ die Vollendung des Turmes.|Anm. 3]
Türmer
Eine Besonderheit Münsters ist der seit dem späten Mittelalter überlieferte Türmer. Etwas später, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ist er in einer Auflistung städtischer(!) Beamter aufgeführt. Seine Aufgabe ist es, vor Bränden und anrückenden Feinden zu warnen, und nachts die Uhrzeit mit einem Horn bekannt zu geben. Auch heute noch ist die Stelle des Türmers vergeben, der eine Dienst-Stube auf dem Turm der Lambertikirche bewohnt. Seit 2014 übt die Türmerin Martje Saljé das Amt aus.
Portal
Die 11 Statuen am Westportal zeigen von links nach rechts:
- Alfons von Liguori (Volksseelsorger)
- Thomas von Aquin (Kirchenvater)
- Augustinus (Kirchenvater)
- Markus (Evangelist)
- Matthäus (Evangelist)
- lehrender Christus
- Johannes (Evangelist) - Diese Figur trägt das Gesicht von Friedrich Schiller.
- Lukas (Evangelist) - Diese Figur trägt das Gesicht von Johann Wolfgang Goethe.
- Hieronymus (Kirchenvater)
- Gregor (Kirchenvater)
- Karl Borromäus (Volksseelsorger)
Quellen und Weblinks
- Stadtmuseum Münster: Münster im Modell: Lambertikirche
- (Neubau des Turms, Erneuerung des Kirchenschiffs:) Herbert Sowade: Die katholische Kirche in: Geschichte der Stadt Münster. Band 2. 4. Auflage, Aschendorff, Münster 1994. Seite 420
- Turm
- Henning Stoffers: Münster in alten Bildern und Dokumenten: St. Lamberti Turmgeschichten
Anmerkungen
- [1] : Nach P. Bahlmann: VI. Sehenswürdigkeiten in: Münster i. W. und seine Sehenswürdigkeiten. ein praktischer Ratgeber für Einheimische und Fremde Teil VI, Seite 47, im gescannten Dokument: Seite 119 war der Turm 63 Meter hoch. in der Auflage von 1902 steht: 65 Meter.
- [2] : Nach P. Bahlmann: VI. Sehenswürdigkeiten in: Münster i. W. und seine Sehenswürdigkeiten. ein praktischer Ratgeber für Einheimische und Fremde Teil VI, Seite 47, im gescannten Dokument: Seite 119
- [3] : „Dat ick nich mehr roapen draff - Lud un hadde es ick kann“ ‚Dass ich nicht mehr rufen darf - Laut und hart wie ich kann‘ aus dem Lied Wat de aolle Lamberti-Thoan sägg, Text: Zumbrock in: Feier zur Vollendung des Lambertithurmes. Münster i. W., 13. Oktober 1898. Digitalisat, Download der ULB. Auch in der Gartenlaube wird berichtet, dass das Läuten „mit der Zeit ganz eingestellt [wurde], um nicht durch die hierdurch verursachten Schwingungen die Gefahr zu vergrößern.“
- [4] : R. Strietholt, H. Neumann (beide Herausgeber): Kleiner Adreßkalender der Stadt Münster 1898
- [5] Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_140.jpg&oldid=2978041 (Version vom 24.1.2017)