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Version vom 5. März 2014, 17:55 Uhr
Hermann Landois (* 19. April 1835 in Münster; † 29. Januar 1905 in Münster), war ein Münsteraner Original, Professor der Zoologie und Gründer des Zoologischen Gartens in Münster (heute: Allwetterzoo).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Landois wurde als Sohn des Landgerichtsschreibers Theodor Ferdinand Landois (1794–1868) und dessen Ehefrau Antoinette Josephine, Tochter des münsteraner Uhrmachers Joseph Hermann Pollack, geboren. Die väterliche Linie stammte aus Lothringen. Sein Bruder war der berühmte Physiologe Leonhard Landois. Hermann Landois besuchte das Gymnasium Paulinum in Münster und machte das Abitur 1856 als „Externer“am Gymnasium in Recklinghausen. Noch im selben Jahr begann er auf Drängen seiner Mutter das Studium der Theologie (und zusätzlich der Naturwissenschaften) an der Akademie in Münster. 1859 beendete er sein Studium und wurde am 22. Juni desselben Jahres zum Priester geweiht.
Ab 1860 verdiente sich Landois für knapp zwei Jahre seinen Lebensunterhalt als Hauslehrer und Vikar auf dem Adelshof „up de Baldeney an de Ruhr“. Von 1862 bis 1865 war er Dozent an der Ackerbauschule in der Burg Botzlar, bei Selm. Da auf Botzlar nur im Winter unterrichtet wurde, hatte Landois ein halbes Jahr Ferien, die er zu ausgedehnten Reisen und regelmäßigen Studien an der Universität Greifswald nutzte, wo sein Bruder Leonhard als Privatdozent wirkte. Am 5. August 1863 schloss er seine Promotion zum Doktor der Philosophie in Greifswald ab; 1864 das Staatsexamen als Lehrer. In den Jahren 1865/66 war er Probelehrer am Gymnasium Paulinum in Münster. Während dieser Zeit wohnte für ein Jahr bei einem Verwandten, Franz Essink, den er später zum Helden seines gleichnamigen humoristischen Romans machte. 1867 wurde er wissenschaftlicher Hilfslehrer und 1868 schließlich ordentlicher Lehrer.
Als katholischer Priester und Lehrer am Gymnasium Paulinum in Münster war er einer der ersten deutschen Pädagogen, der zu Unterrichtszwecken regelmäßig biologische Präparate anfertigte und geologische Funde sammelte. Er „wirkte als Zoologe weit über die engen Zirkel seiner Fachwissenschaft hinaus, ging es ihm doch bei aller wissenschaftlichen Exaktheit um Gemeinverständlichkeit und um die Vermittlung naturwissenschaftlicher Interessen und Kenntnisse an breitere Bevölkerungskreise. Dieses Ziel der Popularisierung vor allem der Zoologie versuchte er unter anderem mit seinen Lehrmodellen für den biologischen Anschauungsunterricht und mit seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wie dem „Lehrbuch der Zoologie“ (1870, mit B. Altum) zu erreichen." [Anm. 1]
1869 folgte seine Habilitation. Landois lehrte als Privatdozent der Zoologie an der Akademie zu Münster. Im gleichen Jahr führte er zum ersten Mal eine größere Sammlung Internationalen Gartenbau-Ausstellung in Hamburg der staunenden Öffentlichkeit vor. 1873 erhielt er auf der Wiener Kunstausstellung eine Verdienstmedaille für seine Lehrpräparate; damals die höchste Auszeichnung im Erziehungs-, Unterrichts- und Bildungswesen. 1871 war Landois maßgeblich an der Gründung des „Westfälischen Vereins für Vogelschutz, Geflügel- und Singvögelschutz“ beteiligt. 1871 wurde er zudem Leiter der zoologischen Sektion des neu gegründeten Provinzialvereins für Wissenschaft und Kunst, der von seinem Freund Ferdinand von Droste zu Hülshoff gegründet worden war sowie Vorstandsvorsitzender des Zoologisch-Anatomischen Museums der Akademie Münster.
1873 war Landois zunächst außerordentlicher Professor der Zoologie, mit Wirkung zum 1. Juli 1876 dann ordentlicher Professor an der Akademie in Münster. Eine Bedingung für diese Ernennung war allerdings die Aufgabe seiner Lehrtätigkeit am Paulinum. Sein weltliches Wirken sowie die intensive Beschäftigung mit den Naturwissenschaften entfremdeten Landois der katholischen Kirche zunehmend. Das führte 1876 dazu, dass er vom Priesteramt suspendiert wurde.
Im Jahr 1874 wurde der Westfälische Zoologische Garten in Münster gegründet; am 26. Juni 1875 als erster Tiergarten Westfalens eröffnet. Auf einem Grundstück zwischen Stadtgraben und Himmelreichallee an der Münsterschen Aa – genannt die Insel – entstand der Tiergarten. Landois hatte das Areal mit eigenen Mitteln erworben. Er propagierte seine Pläne für den des Zoologischen Gartens mit originellen, zuweilen gar exzentrischen Mitteln, die seinen Ruf als Münsteraner Original begründeten. So förderte er den Aufbau mit kreativen Finanzierungsideen und gab dazu Aktien „zu 10 Thalern“ heraus. Allein hierdurch kam ein Betrag von rund 30.000 Talern zusammen. Auch die Gründung der Abendgesellschaft Zoologischer Garten (1881) trug zur Finanzierung bei.
1892 wurde dass von Landois ins Leben gerufenen Provinzial-Museums für Naturkunde in Münster fertiggestellt. Er selbst wohnte in unmittelbarer Nachbarschaft auf einem parkähnlichen Hügel im Zoologischen Garten – in der von ihm so genannten Tuckesburg. 1896 eröffnete er im Zoologischen Garten einen Sportplatz verbunden mit einer Ausstellung von Turngeräten.
Landois war auch technisch versiert: Er entwickelte die noch heute gebräuchliche Landoisklappe (auch Affenklappe), die den Tieren einen Wechsel zwischen Freigehege und Käfig durch eine von ihnen selbst zu öffnende und selbsttätig schließende Tür ermöglichte. Auch der heutige (künstliche) Aasee wurde von ihm maßgeblich propagiert, obwohl erst 1914 mit den Arbeiten an dem Stausee begonnen wurde
Hermann Landois starb am 29. Januar 1905 in Münster; er liegt auf dem Zentralfriedhof begraben.
Wissenschaftliches und schriftstellerisches Schaffen
Landois veröffentlichte zahlreiche naturwissenschaftliche und belletristische Werke sowie Bühnenstücke und Gedichte in Mundart. Einige unter den Pseudonymen: H. de Iselmott, Tonius Happenklang oder H. Landauer.
Er war an über 1000 naturwissenschaftlichen Publikationen beteiligt. Einige seiner Werke, wie das zusammen mit Bernard Altum verfasste „Lehrbuch der Zoologie“, (1870) gelten bis heute als Meilensteine zur Entwicklung eines modernen Biologieunterrichts. Am bekanntesten machte ihn über Fachkreise hinaus sein dreibändiges Werk „Westfalens Tierleben in Wort und Bild".
Um seine zahlreichen Unternehmungen finanziell abzusichern, gründete Landois die Zoologische Abendgesellschaft, deren plattdeutsche Theateraufführungen sich als gute Einnahmequelle erwiesen. Im März 1881 wurde das erste von Landois selbst verfasste Bühnenstück aufgeführt: „Die Pfahlbauern oder der Kampf ums Dasein“, es folgte der Vierakter „Der Prophet Johann von Leyden, König der Wiedertäufer“ (1884).
Schließlich schrieb Landois zahlreiche Gedichte in münsterländischem Dialekt. Erwähnenswert ist sein humoristischer Roman „Frans Essink“, eine Satire auf die Geistlichkeit, von der er später mehrere Fortsetzungen schrieb.
Landois – das Original (Anekdotisches)
Landois’ schrullige Art zog sich durch ganzes Leben. Als großer Vogelfreund gründete er einen Anti-Katzenverein. Er residierte als Graf Tucks auf einem parkähnlichen Hügel im Zoologischen Garten, in der Tuckesburg. Die 1883 erbaute Tuckesburg befindet sich am Standort des alten Zoos am Aasee. Dort lebte er mit seiner Nichte Pollack und dem (ausgestopften) Affen Lehmann. Der Überlieferung nach soll der Affe an einer „Säuferleber“ gestorben sein; auch sein Pferd soll Landois bisweilen mit Bier getränkt haben. Anlässlich der 25-Jahrfeier des Zoologischen Gartens wurde schon zu Lebzeiten wurde eine Skulptur des Zoo-Gründers von dem Bildhauer August Schmiemann ausgeführt. Es ist nicht auszuschließen, dass diese auf Bestellung Landois’ ausgeführt wurde. Landois enthüllte die Skulptur – in Galvanotechnik verkupferter Gips – am 8. Dezember 1900 selbst und hielt dazu auch die Festrede. Bemerkenswert ist, dass im Zylinder des Standbilds ein Nistkasten untergebracht ist. [Anm. 2]
Hermann Landois starb am 29. Januar 1905 in Münster. 1905 veröffentlichte das Deutsche Volksblatt einen kurzen Nachruf:
Das Denkmal eines Sonderlings: Vor kurzem starb in Münster i.W. der Professor der Zoologie Dr. H. Landois. Er hat sich noch bei Lebzeiten vor seinem Heim, der Tuckesburg, selbst ein Denkmal errichtet, das ihn genauso darstellt, wie er immer durch die Straßen wandelte: mit langer Pfeife, langem schwarzen Rock und gewaltigem Zylinderhut. So fuhr er auch in seinem von zwei Ziegenböcken gezogenen Korbwägelchen spazieren. Die Rede bei der Weihe seines Denkmals hat er sich selbst gehalten! In dem Zylinderhut des Denkmals befindet sich ein Schlupfloch, daß die Vögel darin nisten können. [Anm. 3]
Sonstiges
Nach Hermann Landois wurde die Landoisstraße in Münster in unmittelbarer Nähe von Zentralfriedhof und Zoologischem Garten benannt. Auch der Wasserbus MS Professor Landois, der bis 2011 den Aasee befuhr, erhielt seinen Namen.
Im Jahr 2011 setzte - als eine Auswirkung der Neubewertung von (historisch belasteten) Straßennamen in Münster - die Diskussion zur Umbenennung der Karl Wagenfeld-Schule ein. Nachdem sich der Schulkonferenz zunächst Hermann Landois als neuen Namenspatron ausgesucht hatte, geriet auch der umtriebige Professor und Zoo-Gründer in die Kritik. Anlass waren die (zeittypischen) und auch von Landois mitveranstalteten "Völkerschauen", die aus heutiger Sicht als zweifelsohne voyeuristisch und menschenverachtend zu verurteilen sind. Auch wenn Michael Sinder, Archivar des Zoo-Vereins, Landois "nach heutiger Quellenlage“ kein Rassismus unterstellen möchte. [ Anm. 4 ] Im Schulausschuss des Rates wurde die Abstimmung Mitte 2013 von der Tagesordnung genommen. Wenn auch die Schule an der Spichernstraße noch keinen neuen Namen hat, wird sie jedoch nicht den von Landois tragen.
Werke
Einzelnachweise
- [Anm. 1]: Markus Krause: Landois, Hermann, in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 506
- [Anm. 2]: Wolfgang Gernert: Der vergessene Bildhauer August Schmiemann (1846–1927), in: Westfalen. Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde, 89. Band 2011 (S.273-300), Aschendorff Verlag, Münster
- [Anm. 3]: ohne Verfasser: Das Denkmal eines Sonderlings, in: Deutsches Volksblatt (Nr. 25), 1905
- [Anm. 4]: Westfälische Nachrichten 2. Juni 2013 ( zuletzte abgerufen am 28. Februar 2014)