Diskussion:Joachim Stiller: Unterschied zwischen den Versionen

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: Und noch etwas: Implikation und Replikation haben mit analytisch und synthetisch nichts zu tun... Das ist eine andere Baustelle...[[Benutzer:Joachim Stiller|Joachim Stiller]] ([[Benutzer Diskussion:Joachim Stiller|Diskussion]]) 19:25, 27. Mär. 2023 (CEST)
 
: Und noch etwas: Implikation und Replikation haben mit analytisch und synthetisch nichts zu tun... Das ist eine andere Baustelle...[[Benutzer:Joachim Stiller|Joachim Stiller]] ([[Benutzer Diskussion:Joachim Stiller|Diskussion]]) 19:25, 27. Mär. 2023 (CEST)
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:: Zitat: "Lieber Kajus, Sie haben sich ja ganz schön ins Zeug gelegt... Und trotzdem kann ich ihnen nicht zustimmen..."
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::Sie müssen genauer hinschauen. Da ist ein gravierender Fehler: Sie verwechseln das umgangssprachliche "Wenn ..., dann ..." mit der materialen Implikation und vermischen Metasprache mit Objektsprache. Ich gehe da mal jetzt ausführlich drauf ein.
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:: Zitat: "Selbst bei Ihrem eingangs erwähnten Beispiel der Implikation in der Mathematik mit den rationalen Zahlen meine ich, dass wir auch da die Implikation eigentlich nur semantisch verwenden..."
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::Das müssen Sie etwas genauer erläutern, denn das genügt als Einwand nicht wirklich. Dazu müsste erst erklärt werden, was da genau von Ihnen unter "semantisch" verstanden wird. Meinen Sie Intension? Intension bedeutet hier Inhalt, Sinn, usw. Eine intensionale Aussageverknüpfung ist aber in der formalen Logik unbrauchbar (und kommt in ihr auch gar nicht vor), denn es geht um die "logische Form", die unabhängig von der Intension sein soll. Und nein, wir verwenden keine intensionalen Aussageverknüpfungen in der formalen Logik. Die materiale Implikation ist nicht intensional (oder wie Sie sagen: "semantisch"), sondern extensional. Das "Wenn ..., dann ..." aus der Umgangssprache dagegen ist intensional, kommt aber in der formalen Logik nicht vor. (Erklärung folgt unten) Allenfalls kritisieren kann man, dass im Textfluss logischer Beweisführungen gerne der Ausdruck "Wenn ..., dann ..." stellvertretend für die materiale Implikation verwendet wird. Das ist sicherlich anfechtbar (stattdessen kann man dann aber auch korrekter schreiben: "Immer wenn ..., dann auch ..."). Wir wollen extensionale, wahrheitsfunktionale Aussageverknüpfungen.
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::Das Beispiel mit den rationalen Zahlen verwendet eine extensionale Aussageverknüpfung, hier: "materiale Implikation". Da ist nichts intensional. Wenn Sie dagegen sagen wollen es ist intensional, weil man erst den Sinn erschließen muss, dass wir hier in diesem Kontext, sobald wir "Wenn ..., dann ..." schreiben, von der extensionalen Aussageverknüpfung (der materialen Implikation) sprechen und daher nicht das gewöhnliche, intensionale "Wenn ..., dann ..." aus dem Alltagsgebrauch meinen, so ist das insoweit richtig. Dann müssten Sie aber auch konsequent sein, und das Gleiche sagen für die Konjunktion, Disjunktion, usw. Denn auch hier kann das umgangssprachliche "Und" und "Oder" genauso intensional sein.
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::Ihr Einwand klingt also erst mal berechtigt. Aber auch hier gibt es einen Denkfehler (auf den ich bereits hinwies bzgl. Metasprache und Objektsprache): Die logische Form der extensionalen Aussageverknüpfungen betrifft die Objektsprache (hier: Aussagenlogik). Sie aber versuchen gedanklich über die Metasprache an die Aussagenlogik heranzugehen (über die natürliche Sprache). Sie ziehen also einen dialektischen Vergleich zwischen etwas, dass sich ja gedanklich gerade von der Intension entfernen will und extensionale Aussageverknüpfungen aufsucht (Aussagenlogik) mit dem, dass intensionale Aussageverknüpfungen beherbergt (natürliche Sprache). Metasprachlich werden wir IMMER interpretieren müssen, ganz gleich wie akkurat die natürlichsprachliche Übersetzung der extensionalen Aussagenverknüpfungen sind. Das ist eigentlich auch gar nicht vermeidbar. Und das ist auch kein Problem, denn: Betreibe ich Mathematik, weiß ich, dass ich mich der Objektsprache "Aussagenlogik" bedienen muss, in der wir es nur mit logischen Formen zu tun haben. Es wäre dann zwar wünschenswert auch für den Fließtext angemessene Übersetzungen der logischen Formen in nichtsymbolischer Darstellungsweise zu haben, andererseits lernen wir ja durch unsere Intuition mittels Übung irgendwann erkennen, was "Wenn ..., dann ..." in einem mathematischen Kontext bedeutet, ohne das wir groß darüber nachdenken müssen. Wir unterscheiden also klar **gedanklich** zwischen der materialen Implikation und dem intensionalen "Wenn ..., dann ..." ganz ohne auf möglichst akkurate natürlichsprachliche Übersetzungen für die materiale Implikation zurückgreifen zu müssen (die dann bei größeren Syllogismen auch oft sehr kompliziert werden können). Das hat vor allem denkökonomische Vorteile. Unbrauchbar wird da also nichts. Und funktionieren tut es weiterhin, damit führen ja schließlich alle Mathematiker ihre Beweise. Nur der mathematische Zugang wird wohl durch die kontraintuitiven Verwendungen der natürlichsprachlichen Ausdrücke für extensionale Aussageverknüpfungen etwas erschwert für Neulinge. Das kann man sicherlich kritisch sehen.
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::Es gibt also keinen "intensionalen (oder wie Sie sagen: "semantischen") Gebrauch der materialen Implikation". Ich kann etwas, das extensional ist, nicht "intensional" gebrauchen (umgekehrt geht das aber sehr wohl: Ich kann das intesionale "Oder" auch extensional gebrauchen, wenn ich die logische Form desselben beachte). Hier machen Sie den entscheidenden Fehler. Die materiale Implikation ist etwas völlig anderes als das umgangssprachliche "Wenn ... , Dann". Die materiale Implikation ist (auf der Metaebene) gedanklich eine Teilmenge (bzw. bildet sogar das Fundament) des umgangssprachlichen "Wenn ..., Dann ...". Aber nicht umgekehrt. Wenn also jemand in einem mathematischen Untersuchungspapier eine logische Beweisführung führt und dabei "Wenn ..., dann ..." stellvertretend für die materiale Implikation auf dem Papier schreibt, dann gebraucht er die materiale Implikation nicht intensional. Er  gebraucht sie weiterhin extensional (und kann sie auch nur extensional gebrauchen), nämlich gedanklich während er dabei auf die intensionale Schreibweise "Wenn ..., dann ..." zurückgreift, zu der sich ja die extensionale Aussageverknüpfung subsumieren lässt. Wäre dem nicht so, so könne ja gar nicht erst eine Beweisführung, die im Sinne der Objektsprache gelesen wird, entstehen und schlüssig sein, wenn die extensionale Aussageverknüpfung nicht schon irgendwie bei diesem Prozess im Denken wäre.
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::Fangen wir mal von vorne an und zeigen konstruktiv wie die materiale Implikation gedanklich entdeckt wird: In der umgangssprachlichen, intensionalen "Wenn ... dann"-Verknüpfung (hiermit ist nicht die materiale Implikation gemeint) lässt sich eine isolierbare extensionale Bedeutungskomponente entdecken, nämlich in der zweiten Zeile der Wahrheitstabelle (Wenn P wahr und Q falsch ist; ich gehe darauf gleich noch ein), während die dritte und vierte Zeile unbestimmt sind mit Ausnahme der ersten Zeile, bei der wir zumindest noch sagen können, dass sie wahr oder falsch sein kann wenn beide Teilaussagen wahr sind und je nachdem welchen inhaltlichen, kausalen Zusammenhang sie haben. Warum? Nehmen wir folgende Beispielaussage: "Wenn der Hund vier Beine hat, dann ist Uran schwerer als Helium". Man würde hier, denkt man eben intensional/sinnlich, zurecht sagen, dass das Unsinn ist. Es nötigt uns den Gedanken zu haben: "Nur unter der Bedingung, dass der Hund vier Beine hat, kann Uran schwerer als Helium sein". Das ist aber Unfug. Dass das Uran schwerer ist als Helium, hat mit der Anzahl der Beine des Hundes nichts zu tun; Es besteht kein kausaler Zusammenhang. Daher wäre der resultierende Wahrheitswert falsch. In anderen Fällen allerdings, in denen auch beide Teilaussagen wahr sind, aber zusätzlich einen inhaltlichen, kausalen Zusammenhang haben, kann der resultierende Wahrheitswert wiederum wahr sein. z.B.: "Wenn 2 * 2 = 4 ist, dann ist 4 : 2 = 2". Im Allgemeingebrauch sehen wir uns also genötigt einen inhaltlichen, kausalen Zusammenhang zwischen Antezedens und Konsequenz herzustellen, sodass also der resultierende Wahrheitswert wesentlich davon abhängig ist.
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::Für die **formale** Logik ist aber gerade diese **intensionale** Aussageverknüpfung "Wenn ... dann" aus der Alltagssprache unbrauchbar. Denn es geht nicht um inhaltliche Zusammenhänge. Es geht um die logische Form. Und diese erlangen wir, indem wir vom Sinn des Inhalts abstrahieren. Jetzt der Knackpunkt: Die erste Zeile (P und Q beide wahr) lässt also keine extensionale Isolierung zu (denn hier pfuscht uns die Intension rein). Die dritte und vierte Zeile funktionieren ebenso wenig, denn wenn die Bedingung gar nicht erst eintritt (P also falsch ist), dann ist der Wahrheitswert des gesamten Ausdrucks unbestimmt. (Wir entzögen/vernichten damit ja dem "Wenn ..., Dann ..." seine Grundlage bzw. Form)
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::Nur von der zweiten Zeile können wir sicher sagen, dass sie extensional ist, denn wenn jemand ganz allgemein intensional behauptet, dass "Wenn P, dann Q", dann wird diese Person in jedem Fall dementieren, dass P wahr ist und zugleich Q falsch. Das Dementieren von "P ist wahr und Q ist falsch" lässt sich dann als extensionale Verknüpfung von P und Q formulieren, nämlich durch die Behauptung, dass "P ^ ¬Q" falsch sein soll. Also anders ausgedrückt: ¬(P ^ ¬Q) soll wahr sein. Die Behauptung also isoliert gerade den extensionalen Anteil, der in der Aussage "Wenn P, dann Q" enthalten ist. Um mal auf das Beispiel wieder mit dem Hund zu kommen: "Wenn der Hund vier Beine hat, dann ist Uran schwerer als Helium". Sehen wir hier von der Intension ab, so stellen wir eine extensionale Komponente des gesamten "Wenn... Dann" fest: Ganz gleich was der Antezedens ist, so gehen wir doch grundsätzlich immer davon aus, dass wenn dieser wahr ist, sodann auch die Konsequenz wahr sein muss. Täten wir das nicht, so entzögen wir ja gerade der gesamten, ja sogar intensionalen, Verknüpfung ihren Zweck, ihre Form. Das wäre (analog) genau dasselbe als wolle man dem "und" seine Bindungskraft entziehen. Dann könnte ich sagen: "Ich gehe zur Schule und fahre nachhause" ohne das ich grundlegend gedanklich die Idee vermittle diese Teilsätze in einen Zusammenhang zu bringen. Dann aber wäre das "und" selbst schon völlig überflüssig, denn seine Form ist das bindende. Dann müsste, ohne "und", ich eher sagen: "Ich gehe zur Schule". Und irgendwann dann: "Ich fahre nachhause". Und das gedanklich getrennt und in keinem Zusammenhang stehend.
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::Kurz und knapp: Es wurde mit der materialen Implikation genau das Gleiche gemacht, was auch gemacht wird, wenn man gedanklich konstruktiv aus dem "Und" die Konjunktion extensional herausholt.
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::Das, was wir also im Endergebnis der gedanklichen Konstruktion erhalten, ist dann die sog. materiale Implikation. Daher ist es aber tatsächlich auch streng genommen (meta-metasprachlich) nicht richtig zu sagen: "Wenn P, dann Q", weil hier eben eine Verwechslungsgefahr mit dem intensionalen Verständnis des "Wenn ... Dann" besteht, wenn man die Semantik der Objektsprache (Aussagenlogik) nicht kennt (Das spielt aber wie gesagt keine Rolle, denn wir können uns ja diese Regeln der Objektsprache aneignen und die Teilmengenrelation der intensionalen "Wenn ..., dann ..."-Verknüpfung nutzen um gedanklich in der Objektsprache die materiale Implikation zu verwenden). Kurz und knapp: Die materiale Implikation ist nur eine Teilmenge des intensionalen "Wenn ..., Dann ...", aber umgekehrt gilt das nicht. Diesen Unterschied sollte man verstehen. Das angebliche "Paradoxon" ist eben nur dann eines, wenn man beide fälschlicherweise gleichzusetzen versucht. Das Paradoxon beruht also auf Dialektik (oder Scheinlogik), denn es gibt nichts, dass zwingend dieses Paradoxon hervorbringt, wenn der Zweck ja bereits die Entfernung des intensionalen ist bzw. wenn wir uns ja sowieso immer nur in der Objektsprache bewegen, in der dieses Paradoxon uns nie begegnen wird. Vergleichen Sie das dann mal mit einem authentischen Paradoxon, wie z.B. die Russellsche Antinomie. Dieses Paradoxon liegt innerhalb einer Objektsprache (naive Mengenlehre). Es erforderte einen gesamten Umbau der Grundlagen der Mathematik im 20. Jahrhundert und hat regelrecht eine Krise ausgelöst unter Mathematikern (siehe Grundlagenkrise der Mathematik). So etwas liegt hier, Gott sei Dank, keineswegs vor. Wir können also beruhigt zu Bette gehen.
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::Das gilt übrigens (wie gesagt) auch für die anderen Aussageverknüpfungen (dort redet aber komischerweise kaum jemand von "Paradoxien"): "Und" ist z.B. im Alltagsgebrauch auch nicht immer als Konjunktion zu verstehen, es kann auch hier ein inhaltlicher Zusammenhang suggeriert werden: "Der Arzt gibt Thomas ein Medikament und Thomas wurde gesund". Der Satz wäre dann im Sinne von "Weil der Arzt Thomas ein Medikament gab, wurde Thomas gesund" zu verstehen. Das "Weil" ist aber keine wahrheitsfunktionale Verknüpfung. Beispiel: "Thomas liest gerne Bücher, weil er sich Allgemeinwissen aneignen möchte". Nehmen wir an, dass Thomas tatsächlich gerne Bücher liest, und nehmen wir weiter an, dass Thomas tatsächlich sich Allgemeinwissen aneignen möchte. Wir nehmen also an, dass beide Teilaussagen wahr wären. Lässt sich daraus die Wahrheit oder Falschheit der Gesamtaussage ableiten? Natürlich kann die Gesamtaussage wahr sein, nämlich genau dann, wenn in ihr Thomas Motiv für sein Bücherlesen korrekt angegeben ist. Aber die Gesamtaussage kann unter **denselben Bedingungen** auch falsch sein, z.B. wenn Thomas gerade Bücher liest, und aus diesen vielleicht Allgemeinwissen nebenher aneignen konnte, es aber nicht aus diesem Grund (dem Allgemeinwissen) liest, sondern weil er vielleicht die Zeit überbrücken möchte bis die Schulpause vorbei ist. Zurück zum "Und": Nichtsdestotrotz steckt aber auch hier eine extensionale Komponente im "Und". Nämlich wir betrachten Teilaussage A und Teilaussage B in einem kontinuierlichen, lückenlosen Zusammenhang stehend, so als wären sie ein- und dasselbe Ding. So, als gäbe es keine Trennung zwischen beiden. Das Zeitliche, Räumliche, usw. dichten wir erst selbst danach hinzu (sinnlich), wenn wir analysieren/trennen. Z.B. "Ich fahre zur Schule und gehe in meine Schulklasse". Unabhängig von der Zeit und des Raumes wird dieser Ausdruck gedanklich in einem Zusammenhang verstanden, so als sei er gleichzeitig, unmittelbar, ein Ding. Man versteht es wirklich erst richtig am besten, indem man versucht sich von dem Sinnlichen vollständig zu trennen und nur auf die reine Form zu schauen, mit dem Denken.
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::Beim umgangssprachlichen, intensionalen "Oder" genau dasselbe. Hier kann es oftmals ein verstecktes ausschließendes Oder geben. So ist das umgangssprachliche "Oder" entsprechend auch intensional. Beispiel: "Thomas ist in der Schule oder er ist im Altenheim". Suggerieren würde unser gemeiner Verstand, dass Thomas sicherlich nur an einen der beiden Orte sein könne, denn es kann nicht sein, dass man an zwei Orten gleichzeitig sein kann. Wir würden dieses "oder" also eher "ausschließend" verstehen. Gerade hier aber offenbart sich aber die extensionale Komponente: Unabhängig von der Gleichzeitigkeit der beiden Teilaussagen, gehen wir doch grundsätzlich davon aus, dass mindestens eines von beiden wahr sein muss (sonst entzögen wir dem "Oder" ja seine Form). Das extensionale "oder" ist also die eigentliche Trennung im intuitiven Sinn, nur das dieses "Oder" von seiner Form her etwas ist, dass das "Eine von Zweisamkeit" verkörpert (und auch das sollte man nicht räumlich oder zeitlich oder generell sinnlich verstehen). Es kann also im reinen Denken nie "gleichzeitig" sein (im Gegensatz zum extensionalen "Und"), deshalb ist es auch gleichgültig, ob entweder Teilaussage A oder Teilaussage B wahr ist. Man darf sich da dann von der Wahrheitstabelle nicht täuschen lassen, wenn A und B beide wahr sind. Die Idee ist immer dieselbe: Eines davon wird wahr sein. Ist es nicht wahr, so habe ich dem "Oder" seine Form entzogen und die Verknüpfung ist damit nichts (oder aussagenlogisch: falsch). Genauer gesagt: Ist es gar nicht möglich zu denken, dass das "Eine von Zweisamkeit" falsch ist. Selbst wenn wir richtig urteilen, dass wenn A und B beide falsch sind, so denken wir ja doch trotzdem diese trennende Idee von "Was wäre, wenn eines von beiden wahr wäre" sonst könnten wir nicht über diese extensionale Form des "Oder" sprechen.
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::Usw.
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::Ich hoffe, dass hat die Unklarheiten geklärt. Wenn's Fragen gibt, nur zu.
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[[Benutzer:Kajus|Kajus]] ([[Benutzer Diskussion:Kajus|Diskussion]]) 08:13, 29. Mär. 2023 (CEST)

Version vom 29. März 2023, 07:13 Uhr

Was heißt hier frisiert? Ich bin nicht frisiert... Joachim Stiller (Diskussion) 02:20, 17. Okt. 2020 (CEST)

materiale Replikation und Implikation

"Stiller fand als erster die Paradoxien der materialen Replikation. Er stellt seine logischen Untersuchungen und Ideen u.a. in seinem "Grundriss der Philosophie V - Logik" (bis 2012) ausführlich dar."

Das klingt bahnbrechend (synthetisch), folgt aber eigentlich ja schon selbst aus der materialen Implikation (analytisch). Die "Replikation" wird auch gemeinhin nur selten als eigene Aussageverknüpfung betrachtet, da sie ja vielmehr sehr verstandesmäßig (also aus dem Subjekt selbst) wie von alleine folgt, denn die Replikation ist ja nur die Umkehrung von Antezedens und Konsequenz. Dadurch folgt ja schon, dass auch diese von der Paradoxie nicht befreit ist. Klingt aber in dem Text irgendwie bahnbrechender als es eigentlich ist.

Aus Ihrem Text: "Nun kann man natürlich fragen, woran das liegt. Eine einfache Erklärung, die ich gefunden habe, lautet, dass die Implikation und die Replikation hypothetisch sind (Popper), und von daher der Wahrheitswert nicht immer eindeutig bestimmbar ist. Vielleicht gibt es aber auch noch andere Erklärungen. Insgesamt kann man an dieser Stelle nur feststellen, dass die beiden Aussagekalküle der Implikation und der Replikation nicht funktionieren."

Wieso sollen diese nicht funktionieren? Natürlich funktionieren sie. Gerade in der Mathematik zeigen sie ja gerade ihre Stärken und beweisen ja, dass sie funktionieren und nützlich sind. Was die Intuition der Implikation angeht, das ist eine andere Frage. Die ist sicherlich paradox, aber auch nur dann, wenn man eben die Implikation fälschlicherweise mit dem semantischen Wenn-Dann im Alltagsgebrauch verwechselt.

Hier ist ein Beispiel wie nützlich die Implikation in der Mathematik ist. Nehmen wir die Implikation: "Wenn x eine rationale Zahl ist, dann ist x² eine rationale Zahl".

Betrachten wir dazu einige Fälle. P sei "x ist eine rationale Zahl". Q sei "x² ist eine rationale Zahl".

Wenn x=3/2 ist, sind P und Q beide wahr, und P→Q der Form T→T ist ebenfalls wahr.

Wenn x=π ist, sind P,Q beide falsch, und P→Q der Form F→F ist wahr.

Wenn x=√2 ist, ist P falsch und Q wahr, also ist P→Q der Form F→T wieder wahr.

Aber die Behauptung, die ich oben aufgestellt habe, bedeutet, dass wir niemals den Fall T→F erhalten, egal welche Zahl wir für x einsetzen. Hier sieht man sehr deutlich wie nützlich also die materiale Implikation ist und das sie besonders gut funktioniert. Sie repräsentiert genau die Intuition, dass wann immer wir eine rationale Zahl haben, wir fest und gewiss damit rechnen dürfen, dass auch x² eine rationale Zahl sein muss. Es kann niemals sein, dass wenn immer x eine rationale Zahl ist, x² keine rationale Zahl ist. Dies ist die Idee der materialen Implikation. Zu zeigen, dass unter der Bedingung X, es niemals sein kann, dass etwas anderes als unser vorgesehenes Konsequenz eintritt, denn dann wäre die ganze Implikation falsch. Es ist in etwa vergleichbar mit den Schlussregeln der Metasprache (die Implikation, übrigens, gehört zur Objektsprache), siehe modus ponens. Der Modus ponens bringt diese Intuition ja gerade zum Ausdruck: Dass wenn wir schließen über modus ponens, unsere Konklusion immer wahr sein muss, sonst ist es kein korrekter Schluss. (Wahrheitstransfer) Die materiale Implikation "versteckt" diese Intuition also gewissermaßen, deshalb wirkt sie auf dem ersten Blick suspekt. Ist sie aber nicht.

Und ja, Popper hat fast recht, aber nicht ganz. Dass der Wahrheitswert "nicht immer eindeutig bestimmbar" ist, ist so nicht richtig. Das gilt nur, wenn man einen semantischen Zusammenhang zwischen Antezedens und Konsequenz bildet, was Sie hier ebenfalls tun. Gerade dieser soll aber eben nicht gemacht werden. Das ist ja der Sinn der *formalen* Logik, die sich ja auch aus der Sinnhaftigkeit befreit. D.h. die materiale Implikation ist *nicht* zu verwechseln mit einer "Wenn-Dann"-Beziehung im Alltagsgebrauch. Denn das Wenn-Dann ist intensional, während die materiale Implikation aber extensional ist, und daher vom Inhalt abstrahiert bzw. weglässt. Es geht um die logische Form, nicht um den Inhalt des Gesagten.

Eine andere Erklärung liefere ich hier, und diese ist dann doch recht intuitiv. Ich zitiere hier aus Herbert Enderton's “A Mathematical Introduction to Logic” (übersetzt): "Wir könnten zum Beispiel den englischen Satz "If you're telling the truth, then I'm a monkey's uncle" mit der Formel ( V → M ) übersetzen. Wir weisen dieser Formel den Wert T zu, wenn Sie flunkern.

Mit der Zuweisung des Wertes T weisen wir keineswegs einen kausalen Zusammenhang zwischen Ihrer Wahrhaftigkeit und irgendwelchen affenartigen Eigenschaften meiner Neffen oder Nichten zu. Der betreffende Satz ist eine bedingte Aussage. Er stellt eine Behauptung über meine Verwandten auf, sofern eine bestimmte Bedingung - dass Sie die Wahrheit sagen - erfüllt ist. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, ist die Aussage trivialerweise wahr (vacuously true).

Ganz grob kann man sich eine Bedingungsformel (p→q) als Ausdruck eines Versprechens vorstellen, dass, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist (d. h., dass p wahr ist), auch q wahr ist. Wenn sich herausstellt, dass die Bedingung p nicht erfüllt ist, dann bleibt das Versprechen ungebrochen, unabhängig von q."

Ich denke, dass damit das Wesentliche gesagt ist. Kajus (Diskussion) 02:56, 27. Mär. 2023 (CEST)

Lieber Kajus, Sie haben sich ja ganz schön ins Zeug gelegt... Und trotzdem kann ich ihnen nicht zustimmen... Selbst bei Ihrem eingangs erwähnten Beispiel der Implikation in der Mathematik mit den rationalen Zahlen meine ich, dass wir auch da die Implikation eigentlich nur semantisch verwenden... Die materiale Implikation weicht aber aus rein formalen Gründen, die in der Aussagenlogik selbst begründet liegen, von dem rein semantischen Gebrauch ab, und ist daher meines Erachtens unbrauchbar... Die Paradoxien der Implikation und der Replikation resultieren eigentlich nur aus dem Widerspruch zwischen formaler Tabulierung der materialen Implikation und dem semantischen Gebrauche der Implikation und der Replikation... Bei den Schlussregeln ist es egal, weil das die Implikation und die Replikation eben auch nur semantische gebraucht werden... Der Widerspruch entsteht erst in der Aussagenlogik, die daher eigentlich unbrauchbar ist... Es gibt übrigens drei Formen der Wenn-dann-Beziehung: Die Implikation: Immer wenn, dann, die Replikation: Nur wenn, dass, und dann noch die Äquivalent: Genau dann wenn... In der Aussagenlogik tun es eigentlich alle drei nicht mit Hinblick auf den rein semantischen Gebrauch... Das wollte ich nur noch eben sagen... Gruß Joachim Stiller (Diskussion) 18:49, 27. Mär. 2023 (CEST)
Und noch etwas: Implikation und Replikation haben mit analytisch und synthetisch nichts zu tun... Das ist eine andere Baustelle...Joachim Stiller (Diskussion) 19:25, 27. Mär. 2023 (CEST)
Zitat: "Lieber Kajus, Sie haben sich ja ganz schön ins Zeug gelegt... Und trotzdem kann ich ihnen nicht zustimmen..."
Sie müssen genauer hinschauen. Da ist ein gravierender Fehler: Sie verwechseln das umgangssprachliche "Wenn ..., dann ..." mit der materialen Implikation und vermischen Metasprache mit Objektsprache. Ich gehe da mal jetzt ausführlich drauf ein.
Zitat: "Selbst bei Ihrem eingangs erwähnten Beispiel der Implikation in der Mathematik mit den rationalen Zahlen meine ich, dass wir auch da die Implikation eigentlich nur semantisch verwenden..."
Das müssen Sie etwas genauer erläutern, denn das genügt als Einwand nicht wirklich. Dazu müsste erst erklärt werden, was da genau von Ihnen unter "semantisch" verstanden wird. Meinen Sie Intension? Intension bedeutet hier Inhalt, Sinn, usw. Eine intensionale Aussageverknüpfung ist aber in der formalen Logik unbrauchbar (und kommt in ihr auch gar nicht vor), denn es geht um die "logische Form", die unabhängig von der Intension sein soll. Und nein, wir verwenden keine intensionalen Aussageverknüpfungen in der formalen Logik. Die materiale Implikation ist nicht intensional (oder wie Sie sagen: "semantisch"), sondern extensional. Das "Wenn ..., dann ..." aus der Umgangssprache dagegen ist intensional, kommt aber in der formalen Logik nicht vor. (Erklärung folgt unten) Allenfalls kritisieren kann man, dass im Textfluss logischer Beweisführungen gerne der Ausdruck "Wenn ..., dann ..." stellvertretend für die materiale Implikation verwendet wird. Das ist sicherlich anfechtbar (stattdessen kann man dann aber auch korrekter schreiben: "Immer wenn ..., dann auch ..."). Wir wollen extensionale, wahrheitsfunktionale Aussageverknüpfungen.
Das Beispiel mit den rationalen Zahlen verwendet eine extensionale Aussageverknüpfung, hier: "materiale Implikation". Da ist nichts intensional. Wenn Sie dagegen sagen wollen es ist intensional, weil man erst den Sinn erschließen muss, dass wir hier in diesem Kontext, sobald wir "Wenn ..., dann ..." schreiben, von der extensionalen Aussageverknüpfung (der materialen Implikation) sprechen und daher nicht das gewöhnliche, intensionale "Wenn ..., dann ..." aus dem Alltagsgebrauch meinen, so ist das insoweit richtig. Dann müssten Sie aber auch konsequent sein, und das Gleiche sagen für die Konjunktion, Disjunktion, usw. Denn auch hier kann das umgangssprachliche "Und" und "Oder" genauso intensional sein.
Ihr Einwand klingt also erst mal berechtigt. Aber auch hier gibt es einen Denkfehler (auf den ich bereits hinwies bzgl. Metasprache und Objektsprache): Die logische Form der extensionalen Aussageverknüpfungen betrifft die Objektsprache (hier: Aussagenlogik). Sie aber versuchen gedanklich über die Metasprache an die Aussagenlogik heranzugehen (über die natürliche Sprache). Sie ziehen also einen dialektischen Vergleich zwischen etwas, dass sich ja gedanklich gerade von der Intension entfernen will und extensionale Aussageverknüpfungen aufsucht (Aussagenlogik) mit dem, dass intensionale Aussageverknüpfungen beherbergt (natürliche Sprache). Metasprachlich werden wir IMMER interpretieren müssen, ganz gleich wie akkurat die natürlichsprachliche Übersetzung der extensionalen Aussagenverknüpfungen sind. Das ist eigentlich auch gar nicht vermeidbar. Und das ist auch kein Problem, denn: Betreibe ich Mathematik, weiß ich, dass ich mich der Objektsprache "Aussagenlogik" bedienen muss, in der wir es nur mit logischen Formen zu tun haben. Es wäre dann zwar wünschenswert auch für den Fließtext angemessene Übersetzungen der logischen Formen in nichtsymbolischer Darstellungsweise zu haben, andererseits lernen wir ja durch unsere Intuition mittels Übung irgendwann erkennen, was "Wenn ..., dann ..." in einem mathematischen Kontext bedeutet, ohne das wir groß darüber nachdenken müssen. Wir unterscheiden also klar **gedanklich** zwischen der materialen Implikation und dem intensionalen "Wenn ..., dann ..." ganz ohne auf möglichst akkurate natürlichsprachliche Übersetzungen für die materiale Implikation zurückgreifen zu müssen (die dann bei größeren Syllogismen auch oft sehr kompliziert werden können). Das hat vor allem denkökonomische Vorteile. Unbrauchbar wird da also nichts. Und funktionieren tut es weiterhin, damit führen ja schließlich alle Mathematiker ihre Beweise. Nur der mathematische Zugang wird wohl durch die kontraintuitiven Verwendungen der natürlichsprachlichen Ausdrücke für extensionale Aussageverknüpfungen etwas erschwert für Neulinge. Das kann man sicherlich kritisch sehen.
Es gibt also keinen "intensionalen (oder wie Sie sagen: "semantischen") Gebrauch der materialen Implikation". Ich kann etwas, das extensional ist, nicht "intensional" gebrauchen (umgekehrt geht das aber sehr wohl: Ich kann das intesionale "Oder" auch extensional gebrauchen, wenn ich die logische Form desselben beachte). Hier machen Sie den entscheidenden Fehler. Die materiale Implikation ist etwas völlig anderes als das umgangssprachliche "Wenn ... , Dann". Die materiale Implikation ist (auf der Metaebene) gedanklich eine Teilmenge (bzw. bildet sogar das Fundament) des umgangssprachlichen "Wenn ..., Dann ...". Aber nicht umgekehrt. Wenn also jemand in einem mathematischen Untersuchungspapier eine logische Beweisführung führt und dabei "Wenn ..., dann ..." stellvertretend für die materiale Implikation auf dem Papier schreibt, dann gebraucht er die materiale Implikation nicht intensional. Er gebraucht sie weiterhin extensional (und kann sie auch nur extensional gebrauchen), nämlich gedanklich während er dabei auf die intensionale Schreibweise "Wenn ..., dann ..." zurückgreift, zu der sich ja die extensionale Aussageverknüpfung subsumieren lässt. Wäre dem nicht so, so könne ja gar nicht erst eine Beweisführung, die im Sinne der Objektsprache gelesen wird, entstehen und schlüssig sein, wenn die extensionale Aussageverknüpfung nicht schon irgendwie bei diesem Prozess im Denken wäre.
Fangen wir mal von vorne an und zeigen konstruktiv wie die materiale Implikation gedanklich entdeckt wird: In der umgangssprachlichen, intensionalen "Wenn ... dann"-Verknüpfung (hiermit ist nicht die materiale Implikation gemeint) lässt sich eine isolierbare extensionale Bedeutungskomponente entdecken, nämlich in der zweiten Zeile der Wahrheitstabelle (Wenn P wahr und Q falsch ist; ich gehe darauf gleich noch ein), während die dritte und vierte Zeile unbestimmt sind mit Ausnahme der ersten Zeile, bei der wir zumindest noch sagen können, dass sie wahr oder falsch sein kann wenn beide Teilaussagen wahr sind und je nachdem welchen inhaltlichen, kausalen Zusammenhang sie haben. Warum? Nehmen wir folgende Beispielaussage: "Wenn der Hund vier Beine hat, dann ist Uran schwerer als Helium". Man würde hier, denkt man eben intensional/sinnlich, zurecht sagen, dass das Unsinn ist. Es nötigt uns den Gedanken zu haben: "Nur unter der Bedingung, dass der Hund vier Beine hat, kann Uran schwerer als Helium sein". Das ist aber Unfug. Dass das Uran schwerer ist als Helium, hat mit der Anzahl der Beine des Hundes nichts zu tun; Es besteht kein kausaler Zusammenhang. Daher wäre der resultierende Wahrheitswert falsch. In anderen Fällen allerdings, in denen auch beide Teilaussagen wahr sind, aber zusätzlich einen inhaltlichen, kausalen Zusammenhang haben, kann der resultierende Wahrheitswert wiederum wahr sein. z.B.: "Wenn 2 * 2 = 4 ist, dann ist 4 : 2 = 2". Im Allgemeingebrauch sehen wir uns also genötigt einen inhaltlichen, kausalen Zusammenhang zwischen Antezedens und Konsequenz herzustellen, sodass also der resultierende Wahrheitswert wesentlich davon abhängig ist.
Für die **formale** Logik ist aber gerade diese **intensionale** Aussageverknüpfung "Wenn ... dann" aus der Alltagssprache unbrauchbar. Denn es geht nicht um inhaltliche Zusammenhänge. Es geht um die logische Form. Und diese erlangen wir, indem wir vom Sinn des Inhalts abstrahieren. Jetzt der Knackpunkt: Die erste Zeile (P und Q beide wahr) lässt also keine extensionale Isolierung zu (denn hier pfuscht uns die Intension rein). Die dritte und vierte Zeile funktionieren ebenso wenig, denn wenn die Bedingung gar nicht erst eintritt (P also falsch ist), dann ist der Wahrheitswert des gesamten Ausdrucks unbestimmt. (Wir entzögen/vernichten damit ja dem "Wenn ..., Dann ..." seine Grundlage bzw. Form)
Nur von der zweiten Zeile können wir sicher sagen, dass sie extensional ist, denn wenn jemand ganz allgemein intensional behauptet, dass "Wenn P, dann Q", dann wird diese Person in jedem Fall dementieren, dass P wahr ist und zugleich Q falsch. Das Dementieren von "P ist wahr und Q ist falsch" lässt sich dann als extensionale Verknüpfung von P und Q formulieren, nämlich durch die Behauptung, dass "P ^ ¬Q" falsch sein soll. Also anders ausgedrückt: ¬(P ^ ¬Q) soll wahr sein. Die Behauptung also isoliert gerade den extensionalen Anteil, der in der Aussage "Wenn P, dann Q" enthalten ist. Um mal auf das Beispiel wieder mit dem Hund zu kommen: "Wenn der Hund vier Beine hat, dann ist Uran schwerer als Helium". Sehen wir hier von der Intension ab, so stellen wir eine extensionale Komponente des gesamten "Wenn... Dann" fest: Ganz gleich was der Antezedens ist, so gehen wir doch grundsätzlich immer davon aus, dass wenn dieser wahr ist, sodann auch die Konsequenz wahr sein muss. Täten wir das nicht, so entzögen wir ja gerade der gesamten, ja sogar intensionalen, Verknüpfung ihren Zweck, ihre Form. Das wäre (analog) genau dasselbe als wolle man dem "und" seine Bindungskraft entziehen. Dann könnte ich sagen: "Ich gehe zur Schule und fahre nachhause" ohne das ich grundlegend gedanklich die Idee vermittle diese Teilsätze in einen Zusammenhang zu bringen. Dann aber wäre das "und" selbst schon völlig überflüssig, denn seine Form ist das bindende. Dann müsste, ohne "und", ich eher sagen: "Ich gehe zur Schule". Und irgendwann dann: "Ich fahre nachhause". Und das gedanklich getrennt und in keinem Zusammenhang stehend.
Kurz und knapp: Es wurde mit der materialen Implikation genau das Gleiche gemacht, was auch gemacht wird, wenn man gedanklich konstruktiv aus dem "Und" die Konjunktion extensional herausholt.
Das, was wir also im Endergebnis der gedanklichen Konstruktion erhalten, ist dann die sog. materiale Implikation. Daher ist es aber tatsächlich auch streng genommen (meta-metasprachlich) nicht richtig zu sagen: "Wenn P, dann Q", weil hier eben eine Verwechslungsgefahr mit dem intensionalen Verständnis des "Wenn ... Dann" besteht, wenn man die Semantik der Objektsprache (Aussagenlogik) nicht kennt (Das spielt aber wie gesagt keine Rolle, denn wir können uns ja diese Regeln der Objektsprache aneignen und die Teilmengenrelation der intensionalen "Wenn ..., dann ..."-Verknüpfung nutzen um gedanklich in der Objektsprache die materiale Implikation zu verwenden). Kurz und knapp: Die materiale Implikation ist nur eine Teilmenge des intensionalen "Wenn ..., Dann ...", aber umgekehrt gilt das nicht. Diesen Unterschied sollte man verstehen. Das angebliche "Paradoxon" ist eben nur dann eines, wenn man beide fälschlicherweise gleichzusetzen versucht. Das Paradoxon beruht also auf Dialektik (oder Scheinlogik), denn es gibt nichts, dass zwingend dieses Paradoxon hervorbringt, wenn der Zweck ja bereits die Entfernung des intensionalen ist bzw. wenn wir uns ja sowieso immer nur in der Objektsprache bewegen, in der dieses Paradoxon uns nie begegnen wird. Vergleichen Sie das dann mal mit einem authentischen Paradoxon, wie z.B. die Russellsche Antinomie. Dieses Paradoxon liegt innerhalb einer Objektsprache (naive Mengenlehre). Es erforderte einen gesamten Umbau der Grundlagen der Mathematik im 20. Jahrhundert und hat regelrecht eine Krise ausgelöst unter Mathematikern (siehe Grundlagenkrise der Mathematik). So etwas liegt hier, Gott sei Dank, keineswegs vor. Wir können also beruhigt zu Bette gehen.
Das gilt übrigens (wie gesagt) auch für die anderen Aussageverknüpfungen (dort redet aber komischerweise kaum jemand von "Paradoxien"): "Und" ist z.B. im Alltagsgebrauch auch nicht immer als Konjunktion zu verstehen, es kann auch hier ein inhaltlicher Zusammenhang suggeriert werden: "Der Arzt gibt Thomas ein Medikament und Thomas wurde gesund". Der Satz wäre dann im Sinne von "Weil der Arzt Thomas ein Medikament gab, wurde Thomas gesund" zu verstehen. Das "Weil" ist aber keine wahrheitsfunktionale Verknüpfung. Beispiel: "Thomas liest gerne Bücher, weil er sich Allgemeinwissen aneignen möchte". Nehmen wir an, dass Thomas tatsächlich gerne Bücher liest, und nehmen wir weiter an, dass Thomas tatsächlich sich Allgemeinwissen aneignen möchte. Wir nehmen also an, dass beide Teilaussagen wahr wären. Lässt sich daraus die Wahrheit oder Falschheit der Gesamtaussage ableiten? Natürlich kann die Gesamtaussage wahr sein, nämlich genau dann, wenn in ihr Thomas Motiv für sein Bücherlesen korrekt angegeben ist. Aber die Gesamtaussage kann unter **denselben Bedingungen** auch falsch sein, z.B. wenn Thomas gerade Bücher liest, und aus diesen vielleicht Allgemeinwissen nebenher aneignen konnte, es aber nicht aus diesem Grund (dem Allgemeinwissen) liest, sondern weil er vielleicht die Zeit überbrücken möchte bis die Schulpause vorbei ist. Zurück zum "Und": Nichtsdestotrotz steckt aber auch hier eine extensionale Komponente im "Und". Nämlich wir betrachten Teilaussage A und Teilaussage B in einem kontinuierlichen, lückenlosen Zusammenhang stehend, so als wären sie ein- und dasselbe Ding. So, als gäbe es keine Trennung zwischen beiden. Das Zeitliche, Räumliche, usw. dichten wir erst selbst danach hinzu (sinnlich), wenn wir analysieren/trennen. Z.B. "Ich fahre zur Schule und gehe in meine Schulklasse". Unabhängig von der Zeit und des Raumes wird dieser Ausdruck gedanklich in einem Zusammenhang verstanden, so als sei er gleichzeitig, unmittelbar, ein Ding. Man versteht es wirklich erst richtig am besten, indem man versucht sich von dem Sinnlichen vollständig zu trennen und nur auf die reine Form zu schauen, mit dem Denken.
Beim umgangssprachlichen, intensionalen "Oder" genau dasselbe. Hier kann es oftmals ein verstecktes ausschließendes Oder geben. So ist das umgangssprachliche "Oder" entsprechend auch intensional. Beispiel: "Thomas ist in der Schule oder er ist im Altenheim". Suggerieren würde unser gemeiner Verstand, dass Thomas sicherlich nur an einen der beiden Orte sein könne, denn es kann nicht sein, dass man an zwei Orten gleichzeitig sein kann. Wir würden dieses "oder" also eher "ausschließend" verstehen. Gerade hier aber offenbart sich aber die extensionale Komponente: Unabhängig von der Gleichzeitigkeit der beiden Teilaussagen, gehen wir doch grundsätzlich davon aus, dass mindestens eines von beiden wahr sein muss (sonst entzögen wir dem "Oder" ja seine Form). Das extensionale "oder" ist also die eigentliche Trennung im intuitiven Sinn, nur das dieses "Oder" von seiner Form her etwas ist, dass das "Eine von Zweisamkeit" verkörpert (und auch das sollte man nicht räumlich oder zeitlich oder generell sinnlich verstehen). Es kann also im reinen Denken nie "gleichzeitig" sein (im Gegensatz zum extensionalen "Und"), deshalb ist es auch gleichgültig, ob entweder Teilaussage A oder Teilaussage B wahr ist. Man darf sich da dann von der Wahrheitstabelle nicht täuschen lassen, wenn A und B beide wahr sind. Die Idee ist immer dieselbe: Eines davon wird wahr sein. Ist es nicht wahr, so habe ich dem "Oder" seine Form entzogen und die Verknüpfung ist damit nichts (oder aussagenlogisch: falsch). Genauer gesagt: Ist es gar nicht möglich zu denken, dass das "Eine von Zweisamkeit" falsch ist. Selbst wenn wir richtig urteilen, dass wenn A und B beide falsch sind, so denken wir ja doch trotzdem diese trennende Idee von "Was wäre, wenn eines von beiden wahr wäre" sonst könnten wir nicht über diese extensionale Form des "Oder" sprechen.
Usw.
Ich hoffe, dass hat die Unklarheiten geklärt. Wenn's Fragen gibt, nur zu.

Kajus (Diskussion) 08:13, 29. Mär. 2023 (CEST)