Heinrich Carl Berghaus
Heinrich Carl Wilhelm Berghaus (* 3. Mai 1797 in Kleve; † 17. Februar 1884 in Stettin) war ein deutscher Geograph, Kartograph und Schriftsteller. Interessant sind seine Schilderungen über Münster und dessen Bewohnern am Anfang des 19. Jahrhunderts – aus Sicht eines hinzugezogenen Protestanten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Berghaus kam mit seiner Familie im Sommer 1803 aus dem linksrheinischen Kleve, das als Folge der Revolutionskriege an Frankreich abgetreten worden war. Sein Vater, Johann Isaac Berghaus, ein protestantischer preußischer Beamter, arbeitet als Zweiter Kalkulator und Sekretär bei der Kriegs- und Domänenkammer in Münster. Die erste Woche verlebte die Familie im Gasthof "Zum Wilden Mann", am Roggenmarkt (siehe hierzu auch: Eugen Müller, 1924). Nach einem kurzen Intermezzo in der Kirchherrengasse erwarb die Familie ein Haus in der Ritterstraße. Peter Werland (1925) vermutet, dass es sich um das Haus in der Ritterstraße 11 gehandelt haben könnte.
Der kleine Carl Berghaus besuchte das Paulinum und wurde von Domdechant Ferdinand August von Spiegel protegiert. Schon mit 14 Jahren arbeitete er ab 1811 als Kondukteur für den Brücken- und Straßenbau im damaligen französischen Lippe-Departement und ließ sich zum Geodäten ausbilden. Nach der Auflösung des Königreichs Westphalen trat er als Freiwilliger in die Armeeverwaltung ein und kam mit dem Korps von Tauentzien bis in die Bretagne. Nach dem Friedensschluss lebte Berghaus zunächst in Weimar und wurde ab 1816 als Ingenieurgeograph im Kriegsministerium in Berlin angestellt. Er nahm an der trigonometrischen Landesvermessung des preußischen Staats teil, erhielt 1824 eine Professur der angewandten Mathematik an der Bauakademie, die er bis 1855 bekleidete. Berghaus ist ein typisches Beispiel für eine Beamtenkarriere, wie sie auch bürgerlichen Gebildeten im 19. Jahrhundert in Preußen möglich war.
Er stirbt, hochbetagt, am 17. Februar 1884 in Stettin.
Das Buch "Wallfahrt durch's Leben"
Seine neunbändigen Erinnerungen sind aus vielerlei Gründen interessant. Zunächst einmal ist Berghaus ein guter Erzähler. Mit meist gutem Gedächtnis. Ein nicht immer unvoreingenommener Zeitzeuge einer spannenden Epoche. Schon im Titel verweist er auf den Basler Frieden von 1795, der weitreichende Folgen für das Alte Reich, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, aber auch für Preußen, Österreich, die katholische Kirche, Westfalen, das Münsterland und – schließlich auch – für die Stadt Münster hat. Der Wallfahrer oder der Pilger, wie Berghaus sich in seinen Memoiren gern nennt, war mittendrin. Seine detailreichen "Denkblätter" beschreiben Münster in der Zeit von 1803–1810: die erste Preußenzeit, die französische "Fremdherrschaft", die kurze Zeit im Großherzogtum Berg. Sie werden rund ein halbes Jahrhundert später unter Pseudonym ("von einem Sechsundsechziger") veröffentlicht. Mit Gewinn liest sich auch der Exkurs über einen viertägigen Kurzurlaub; die Flitterwochen seiner Schwester Friederike mit dem angeheirateten Schwager August in Burgsteinfurt. Mit einer Kutsche des Wagenfabrikanten Johann Theodor Böcker geht es den Max-Clemens-Kanal entlang. Die kleine Gesellschaft rastet im Wirtshaus an der Steinernen Schleuse und genießt im Steinfurter Freizeitpark Bagno die spätabsolutistische Unbeschwertheit und Gartenanlage.
Werke
Heinrich Carl Wilhelm Berghaus: Wallfahrt durch's Leben vom Baseler Frieden bis zur Gegenwart. (Veröffentlicht unter Pseudonym: Von einem Sechsundsechziger, in 9 Bänden). Hermann Costenoble, Leipzig 1862
Literatur
Eugen Müller: Die Herbergen und Gasthöfe der Stadt Münster: mit einem Anhang Geschichtlich denkwürdige münsterische Gaststätten, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster i. W. 1924.
Peter Werland: Münster und seine Bewohner 1803–1810. Nach Karl Berghaus’ Wanderungen durchs Leben und durch mehr als 100 Erläuterungen ergänzt, August Greve, Münster, 1925