Kölner Kirchenstreit

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Der Kölner Kirchenstreit war die Auseinandersetzung zwischen dem protestantisch geprägten preußischen Staat und der katholischen Kirche in den 1815 preußisch gewordenen Westprovinzen Rheinland und Westfalen. Auf seinem Höhepunkt im Jahre 1837 kam es in Münster zu tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen katholischen Bürgern und der preußischen Ordnungsmacht.

Der Ausgangspunkt

Bis 1806 war Preußen ein beinahe auschließlich protestantischer Staat. Der preußische König war als Landesherr gleichzeitig Oberhaupt der Landeskirche. Auf dem Wiener Kongress 1815 bekam Preußen das Rheinland und Westfalen zugesprochen, zwei Landesteile mit einem hohen Anteil einer katholischen Bevölkerung. Im Münsterland und im ehemals kölnischen Sauerland hatte es z. B. unter der fürstbischöflichen Herrschaft nur einen verschwindend kleinen Anteil von Nicht-Katholiken gegeben. Die alteingesessenen katholischen Kreise, insbesondere der Klerus, setzten den neuen preußischen Institutionen einen hartnäckigen hinhaltenden Widerstand entgegen. In Münster hatte es nach dem Tod des letzten als Fürstbischof amtierenden Bischofs Maximilian Franz von Österreich zwanzig Jahre lang eine Sedisvakanz gegeben, d. h. das Bistum war bis 1821, dem Amtsantritt von Ferdinand Freiherr von Lüninck, unbesetzt geblieben.

Die Streitfragen

Die "Mischehen"

Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts wandelte sich die Bevölkerungsstruktur in den neuen preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen nicht allein in den sich sehr langsam industrialisierenden Regionen, sondern auch in den eher "rückständigen" Gebieten des Münsterlandes und des Sauerlandes. Die preußische Herrschaft brachte neue Eliten - Beamtenkorps und Militär - ins Land. In der Stadt Münster wuchs die Bevölkerungszahl zwischen 1802 und 1828 um 54 %, die Anzahl der Beamten aber um 120 %, die Anzahl der Militärangehörigen gar um 260 %. Viele der Angehörigen dieser neuen Eliten stammten aus den altpreußischen Gebieten, gehörten also dem Protestantismus an. Dieser Anstieg der Zahl der Protestanten hatte auch eine wachsende Anzahl gemischt-konfessioneller Eheschließungen zur Folge.

Bis 1815 hatte es in den französisch besetzten Gebieten des Rheinlands und Westfalens die Zivilehe nach dem napoleonischen Code Civil gegeben. Nach 1815 war dort die Eheschließung vor einem Zivilbeamten im Zuge der Restauration wieder zugunsten der kirchlichen Trauung zurückgedrängt worden. Die kirchliche Trauung galt wieder als Begründung des zivilrechtlichen Instituts der Ehe. Staatlicherseits war dies auch ein Zugeständnis an die Forderungen des konservativen katholischen Episkopats, besonders im Erzbistum Köln.

1825 erließ König Friedrich Wilhelm III. eine Kabinettsorder, die die Praxis in den altpreußischen Provinzen, nach der die konfessionelle Erziehung von Kindern aus "Mischehen" sich nach der Konfession des Vaters richtete, auf die westlichen Provinzen übertrug. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Kinder aus gemischt-konfessionellen Ehen fast ausschließlich protestantisch getauft und erzogen worden wären. Der katholische Klerus, der eine Zurückdrängung seiner Konfession fürchtete, weigerte sich in sehr vielen Fällen, die Ehe zwischen einem Protestanten und einem katholischen Mädchen einzusegnen und übte Druck auf die Braut und ihre Familien bis zur Androhung der Exkommunikation aus. Der preußische Staat seinerseits kündigte an, ein kirchlich geschlossene Ehe zivilrechtlich nicht anzuerkennen, wenn vom katholischen Priester das Versprechen, die Kinder katholisch zu erziehen, als Voraussetzung der Einsegnung abgenötigt worden war.

Noch 1830 war es zu einem stillschweigenden Kompromiss gekommen: Der preußische Gesandte in Rom, Christian Karl Josias von Bunsen, hatte mit dem Kölner Erzbischof Ferdinand August von Spiegel ein geheimes Abkommen geschlossen, die "Berliner Konvention", in der die katholische Kirche die preußische Praxis praktisch duldete.

Der Hermesianismus-Streit

Ein zweiter Streitpunkt zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche ergab sich aus der Frage, wer letztlich zu entscheiden habe, was an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Bonner Universität, der preußischen Landesuniversität für die westlichen Provinzen, gelehrt werden dürfe.

Seit 1820 war Georg Hermes in Bonn Professor für katholische Dogmatik. Er entwarf und vertrat ein System zu einer "vernunftgemäßen" Rechtfertigung des Glaubens, das von Kants Ethik nicht unbeeinflusst war und in der Tradition eines aufgeklärten Katholizismus stand, wie er etwa bei dem Münsteraner Theologen Franz Wilhelm von Spiegel, einem Bruder des Kölner Erzbischofs, oder bei Franz von Fürstenberg zu finden war. 1835, vier Jahre nach Hermes' Tod, verwarf Papst Gregor XVI. durch das Breve Dum acerbissimas den sogenannten Hermesianismus und ließ die Werke des Bonner Theologen auf den Index Librorum Prohibitorum setzen. Der Nachfolger von Spiegels als Kölner Erzbischof, Clemens August Droste zu Vischering verbot den katholischen Theologiestudenten, Vorlesungen hermesianischen Inhalts zu hören. Damit wurde der Lehrbetrieb der Bonner Fakultät praktisch lahmgelegt. Die Professoren wandten sich mit einer Beschwerde gegen das erzbischöfliche Hineinregieren in die Seminarleitung an die preußische Regierung, aus deren Sicht das Verhalten des Erzbischofs einen nicht hinzunehmenden Eingriff in staatliche Kompetenzen an den Hochschulen darstellte.

Die Eskalation des Konflikts

Folgen und Nachwirkungen

Literatur

  • Keinemann, Friedrich; Schülertumulte im Kölner Kirchenstreit : Vorwürfe gegen Gymnasiasten wegen angeblicher Beteiligung an den Unruhen in Münster und Paderborn im Dezember 1837 und Januar 1838; in: Westfälische Zeitschrift, Bd. 122 (1972], S. 51-60
  • Keinemann, Friedrich; Das Kölner Ereignis, sein Widerhall in der Rheinprovinz und in Westfalen; Münster : Aschendorff 1974 (2 Bände)
  • Keinemann, Friedrich; Das Kölner Ereignis und die Kölner Wirren 1837 - 41 : Weichenstellungen, Entscheidungen und Reaktionen mit besonderer Berücksichtigung Westfalens; Hamm i. W. : Selbstverlag 1986
  • Hänsel-Hohenhausen, Markus; Clemens August Freiherr Droste zu Vischering : Erzbischof von Koeln 1773 - 1845 ; die moderne Kirchenfreiheit im Konflikt mit dem Nationalstaat; Egelsbach : Selbstverlag 1991; SBN 3-89349-003-5; (2 Bände; als pdf-Dokument: s. Weblinks)
  • Stadtarchiv Münster; Metzdorf, Jens (Bearb.); Münster wird preußisch; Münster : Stadt Münster 1992

Weblinks