Friedrich Castelle
Friedrich Castelle, geboren am 30. April 1879 in Appelhülsen, gestorben am 15. Januar 1954 auf Haus Welbergen in Ochtrup), war ein westfälischer Schriftsteller und Journalist, der zwischen 1933 und 1945 als nationalsozialistischer Kulturfunktionär und Propagandist wirkte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Friedrich Castelle wurde in Appelhülsen (heute zu Nottuln gehörig) als Kaufmannssohn geboren, besuchte das Gymnasium und studierte danach Philosophie in Münster. 1906 promovierte er mit einer Arbeit über Ungedruckte Dichtungen Eichendorffs. Ein Beitrag zur Würdigung des romantischen Dramatikers zum Dr. phil. Seit 1900 war er Mitarbeiter von Tageszeitungen u.a. in Aschaffenburg und Aachen, von 1904 bis 1911 als Feuilletonredakteur des Münsterschen Anzeigers. Im „Ersten WeltkriegWP“ diente er als höherer Militärbeamter.
Literarische und publizistische Betätigung bis 1933
Castelle trat 1905 der Literarischen Gesellschaft in Münster bei und erlangte als Rezitator Popularität. Seine Vortragsreisen führten ihn durch ganz Deutschland. Münster blieb aber der Mittelpunkt seiner Betätigung. Von 1912 bis 1915 redigierte er die Zeitschrift Deutschland. 1916 wurde er, der bereits als Mitglied weitgehende Aktivitäten entwickelt hatte, dem Geschäftsführer des damals völkisch orientierten Westfälischen Heimatbundes beigegeben. Er betrieb 1919 die Gründung der Niederdeutschen Bühne in Münster. Als die Universität 1919 ein Lektorat für Pressewesen und öffentliche Ausdruckskunst einrichtete, wurde es ihm übertragen (bis 1921). Danach arbeitete er in Düsseldorf als Dozent bei den dortigen akademischen Kursen und leitete dort die Rundfunksendestelle.
In den zwanziger Jahre war er (mit „Karl WagenfeldWP“ Herausgeber der Heimatblätter der Roten Erde. Zeitschrift des Westfälischen Heimatbundes, ab 1922 leitender Redakteur der in Breslau erscheinenden Monatsblätter Die Bergstadt und ab 1930 der Zeitschrift Der Türmer : Monatsschrift für Gemüt und Geist in Berlin, in der Die Bergstadt aufgegangen war.
Friedrich Castelle publizierte auch unter den literarischen Pseudonymen Hans Dietmar, Hans Uhlenbrock und Fritz von Schonebeck.
NS-Propagandist
Ab 1933 trat er, wie viele andere „Völkische“, als Propagandist des Nationalsozialismus auf. So versuchte er 1935, aus der Annette von Droste-Gesellschaft eine nationalsozialistische Vereinigung zu machen. Als Obmann der NS-Kulturgemeinde für den Kreis Burgsteinfurt, als Beiratsmitglied des Gaues Westfalen-Nord und als führender Mitarbeiter der Reichsschrifttumskammer wirkte er auf allen Ebenen an der Propagierung einer völkischen, an der „Blut- und Boden"-Ideologie orientierten Kulturarbeit mit. Castelle, der bereits in den frühen zwanziger Jahren Erfahrungen mit dem damals noch jungen Medium Rundfunk gesammelt hatte, wurde 1937 Haupt-Abteilungs-Sachbearbeiter z.b.V. beim Reichssender Köln, später stellvertretender Intendant. Während des „Zweiten WeltkriegsWP“ leitete er eine Presse- und Nachrichtenabteilung und den Reichssender im besetzten Luxemburg.
Hermann-Löns-Kult
Friedrich Castelle setzte sich früh für das Werk von Hermann Löns ein, mit dem er persönlich bekannt war. Nachdem Löns als Kriegsfreiwilliger am 26. September 1914 in Frankreich gefallen war, gehörte Castelle zu denjenigen, die in Deutschland einen nationalistischen „Hermann-Löns-Kult“ etablierten und gehörte der Löns-Gedächtnisstiftung an. Als 1933 in der Champagne das angebliche Skelett von Löns gefunden worden war, ordnete Hitler die unverzügliche Exhumierung und Überführung der sterblichen Überreste des „Heidedichters“ in die Lüneburger Heide an. Auch Friedrich Castelle war an der Überführung der Gebeine beteiligt. Rivalitäten zwischen Reichswehr, SA und lokalen Funktionären führten dazu, dass die Überreste von Hermann Löns erst im August 1935 bei Walsrode beigesetzt wurden, obschon sich höchste NS-Größen (u.a. Hitler und Göring) in die Angelegenheit einschaltet hatten. Zweifel, ob unter dem Findling im „Tietlinger Wacholderhain“ der „echte“ Hermann Löns begraben ist, bestehen noch heute.
Lebensende
Bei Kriegsende wurde Castelle gefangengenommen und zunächst im britischen Internierungslager Recklinghausen-Süd in Haft gehalten. Nach seiner Entlassung arbeitete er wieder für den Rundfunk als Verfasser plattdeutscher Hörspiele und trat mit Vorträgen und Rezitationen vor einem allerdings kleiner gewordenen Zuhörerkreis auf. Seine letzten Jahre verbrachte er in Ochtrup auf der Wasserburg Welbergen. Dort ist er am 15. Januar 1954 gestorben. Er wurde auf dem St. Mauritz-Friedhof in Münster beigesetzt.
Ehrungen und Preise
- 1903: Literaturpreis der Literarischen Gesellschaft in Köln;
- 1925: Literaturpreis des Deutschlandbundes für den westfälischen Bauernroman Heilige Erde;
- bis 1990 stand im Alten Rathaus von Burgsteinfurt eine Castelle-Büste, die bei Umbauarbeiten entfernt wurde;
- in Münster führt der Castelleweg seinen Namen.
Werke
- Vom Leben und Lieben. Gedichte; Köln: Schmitz 1904; 47 S.
- Späte Lerchen in der Luft. Gedichte; Köln: Salm 1917; 14 S.
- Das Haus in der Dreizehnmännergasse. Roman; Hannover: Gersbach 1919; 175 S.
- Wanderer im Weltall. Dichtungen; Warendorf: Schnell 1921; 200 S.
- Charon. Eine Dichtung; Hannover: Hahn 1921; 46 S.
- Heilige Erde. Roman; Breslau: Bergstadtverlag 1922; 535 S.
- Die schöne Bibernell. Erzählung"; Breslau: Bergstadtverlag 1923; 101 S.
- Der Vogel Holdermund. Zehn Erzählungen; Hildesheim: Borgmeyer 1925; 132 S.
- Jeremias Gotteswürmchen, die Geschichte eines fröhlichen Toten. Erzählung; Essen: Spael 1941; 104 S.
- Min Mönsterland. Gedichte; Münster: Aschendorff 1949; 48 S.
- Heidideldum, das fröhliche Dorf. Erzählung; Horstmar, Münster: Montanus [1950]; 112 S.
Weblink
- Castelle im Lexikon Westfälischer Autoren und Autorinnen 1750-1950 (mit zahlreichen Literaturhinweisen)