Lambert Raesfeld
Lambert Raesfeld (* um 1565 in Bocholt(?); † 28. Mai 1617 in Münster) war ein Buchdrucker in Münster und Begründer eine bekannten Buchdruckerdynastie. Das von ihm gegründete Druck- und Verlagsunternehmen, später auch Buchbinderei und Buchhandel, hat sich – mit zahlreichen Umfirmierungen – knapp 400 Jahre lang in Münster im Familienbesitz gehalten.
Das Unternehmen trug vom Gründungsdatum 1591 bis 1735 den Namen Raesfeld, von 1735 bis 1823 den Namen Koerdinck bzw. Köerdinksche Buchhandlung (auch Körding und andere Schreibweisen sind bekannt), sowie seit 1832 den Namen Regensberg bzw. Regensbergsche Verlagsbuchhandlung.
Inhaltsverzeichnis
Traditionsunternehmer Raesfeld
Das Unternehmen – zunächst mit Sitz in der Bergstraße, direkt am Spiekerhof – trug vom Gründungsdatum 1591 bis 1735 den Namen Raesfeld. Bald schon zog Raesfeld aus den beengten Wohn- und Arbeitsräumen an der Bergstraße aus und mietete vom Domkapitel für seine expandierende Druckerei einen großzügigeren Geschäftssitz – das ehemalige Domkameralenhaus am Horsteberg 6. Damit befand sich die Firma in unmittelbarer Nähe zu ihren Hauptgeschäftspartnern und Auftraggebern: den geistlichen und weltlichen Herrschern im alten Fürstbistum Münster. Bald kamen das Jesuitenseminar und später die Universität hinzu.
Als sehr günstig erwies sich für Raesfeld das kurfürstliche Privileg von 1591 (zum Schutz vor Raubdrucken) sowie die Bestallung zum bischöflichen Hofbuchdrucker am 5. März 1595). Hintergrund war der im Bestallungsschreiben ausdrücklich genannte Grund eines Mangels an Schulbüchern – vor allem für das von den Jesuiten neu gegründete Seminar: das Paulinum. Zwar waren alle Druckwerke nun der behördlichen Zensur unterworfen, der neue Status schützte das Unternehmen aber lange Zeit vor unliebsamen Wettbewerbern. (Im 18. Jahrhundert waren das vor allem die Druckerei der Witwe Nagel und der Buchdrucker Aschendorff.) Die Schutzprivilegien wurden zum Teil erweitert und auf Raesfelds Erben übertragen. Im Februar 1613 verbot Ferdinand von Bayern, regierender Fürstbischof von Münster (1612 bis 1650) sowie zugleich Kurfürst und Erzbischof von Köln, alle weiteren Druckereien im Hochstift.
Begünstigt durch ihre privilegierte Marktposition verfügte die Offizin (Druckwerkstatt) von Raesfeld über eine große Auswahl an typografischen Schriften; sicherlich ein zusätzlicher, auch überregionaler Wettbewerbsvorteil. 1617, noch kurz vor seinem Tod, eröffnete Lambert Raesfeld zusätzlich eine Buchbinderei. Im Laufe der Jahre wurde die Wertschöpfungskette auf alle Bereiche des Buchwesen ausgedehnt – von der Setzerei, Druckerei und Buchbinderei bis hin zum Verlagshaus und Buchhandel. Ab dem 19. Jahrhundert stiegen die Nachfolger Raesfelds zudem in die Produktion von wissenschaftlichen Publikationen und den Sortimentsbuchhandel ein.
Gedruckt wurden im im 16. und 17. Jahrhundert hauptsächlich religiöse und konfessionelle Schriften (darunter viele so genannten Disputationsschriften), Schulbücher (Scholasticalbücher), Kalender (darunter der aufwändige Wappenkalender“), Landkarten und Almanache. Des weiteren Edikte, Behördendrucksachen, Programme und Vorlesungsverzeichnisse.
Mit dem Antwerpener Buchdrucker Michael (von) Dale, der die Witwe Raesfelds heiratete und sein Spezialwissen als Buchdrucker, vor allem aber als Grafiker und Experte für Kupferdruck einbringen konnte (Landkarten, Wappenkalender, Stadtansichten etc.), entwickelte sich das Unternehmen auch qualitativ. Zahlreiche (grafische) Aufträge gab es auch in der Phase der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster.
Münsterische Druckereitradition: Vorgänger und Nachfolger
Vor Raesfeld hatten bereits andere Drucker in Münster gewirkt. Hervorzuheben ist sicherlich Johannes Limburg, der wahrscheinlich erste Buchdrucker Münsters und Westfalens. Des weiteren: Laurentius Bornemann, Gregorius Os von Breda, Dietrich Tzwyvel und sein gleichnamiger Sohn. Die Produktions- und Absatzbedingungen im 15. und frühen 16. Jahrhundert waren sicherlich schwierig; weshalb bis auf das Familienunternehmen Tzwyvel, das zudem noch in die Wirren der Täuferzeit verstrickt war, kein Drucker nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg hatte. Raesfeld übernahm – um 1590 – das Wohn- und Arbeitshaus der Tzwyvels an der Bergstraße und konnte, wie oben geschildert, dank kurfürstlicher und behördlicher Privilegierung seine Aktivitäten rasch ausweiten. Eine gestiegene Nachfrage nach geistlichen und weltlichen Druckerzeugnissen, ein größerer (literater) Abnehmerkreis und der wachsende Schulbuchmarkt begünstigten den Gang der Geschäfte zusätzlich.
Raesfeld heiratete um 1591/92 Anna Doerhoff (* um 1570 in Münster; † Januar 1648 ebenda), die das Unternehmen nach dem Tod ihres Mannes fortführte. In zweiter Ehe war sie mit Michael (von) Dale einem Buchdrucker aus Antwerpen verheiratet, der hernach ebenso in die Unternehmensführung einstieg, wie später ihr Sohn Bernhard (1600–1658) in zweiter Generation.
Bernhard Raesfeld heiratete im Jahr 1637 Elisabeth Koerdinck (*16. August 1615 in Münster; † 24. Juli 1653 ebenda), die Tochter eines Gruetherren und Gewandschneiders. Nachdem die Linie (und der Name) in den weiteren Druckergenerationen ausstarb, lautete die Firma von 1735 bis 1823 auf den Namen Koerdinck bzw. Koerdincksche Buchhandlung (auch Körding und andere Schreibweisen sind bekannt). Auch hier war es vornehmlich die weibliche Linie, die den Bestand des Traditionsunternehmens sicherte, bis durch die Ehe von Gertrud Cramer (geb. Koerdinck 1769–1837) mit dem jungen Soldaten Ferdinand Regensberg (* 12. November 1752; † 20. Januar 1838) sich die Geschlechterfolge und Firmierung erneuert änderten: Seit 1832 in Regensberg bzw. Regensbergsche Verlagsbuchhandlung und Druckerei.
Siehe auch:=
Literatur
Joseph Prinz (Hrsg.): Ex officina literaria : Beiträge zur Geschichte des westfälischen Buchwesens. Münster, Regensberg Verlag 1968
Weblinks
- J. Braun: Raesfeld; in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27, Leipzig : Duncker & Humblot 1888, S. 324,